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08.04.2010; 16:56 Uhr
Bundesverfassungsgericht entscheidet zum Verhältnis von Persönlichkeitsrecht und Pressefreiheit
Meinungsfreiheit setzt kein öffentliches Interesse an geäußerter Meinung voraus

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 18. Februar 2010 (1 BvR 2477/08, Veröffentlichung in ZUM folgt) zum Verhältnis von Persönlichkeitsrecht und Pressefreiheit entschieden. Dem Beschwerdeführer, Webseitenbetreiber der Neuen Rheinischen Zeitung Online, durfte danach nicht untersagt werden, im Rahmen eines Presse-Artikels aus einer E-Mail zu zitieren, in der ein Anwalt die von der Redaktion angefragte Verwendung seines Fotos in diesem Artikel untersagte. Zuletzt hatte das Kammergericht (Az. 10 U 190/07, Vorinstanz: LG Berlin, Az. 27 O 184/07) dem klagenden Anwalt Recht gegeben und dabei auf die zum Persönlichkeitsrecht entwickelte Rechtsfigur der »Prangerwirkung« abgestellt. Der Anwalt sei öffentlich als jemand dargestellt worden, der auf eine schlichte Anfrage mit einer scharfen Drohung reagiere. Die Karlsruher Richtung sahen jedoch in der Darstellung der E-Mail Passagen im Artikel der Neuen Rheinischen Zeitung Online kein schwerwiegendes Unwerturteil über den Anwalt.

Weiter beanstandete das Bundesverfassungsgericht die Abwägung der Gerichte zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Anwalts und der Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers: Die Meinungsfreiheit ist nicht »nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt«. Da das Grundrecht auf Meinungsfreiheit in erster Linie die »Selbstbestimmung des Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen« schützt, kann ein bestehendes Informationsinteresse der Allgemeinheit dessen Position in der Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verstärken. Im konkreten Fall stellt es laut Bundesverfassungsgericht »eine verfassungsrechtlich bedenkliche Verkürzung dar, wenn die Gerichte dem Kläger vorliegend allein deshalb einen Unterlassungsanspruch zuerkannt haben, weil dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege«.

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