BVerfG: Kritik an Aufsatz in »Deutschland Archiv« verfassungswidrig
Das BVerfG hat die Kritik der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) an einem wissenschaftlichen Aufsatz zum Thema Antisemitismus als verfassungswidrig eingestuft (Beschluss vom 17. August 2010, Az. 1 BvR 2585/06, Veröffentlichung in ZUM oder ZUM-RD folgt). Der Aufsatz unter dem Titel »Deutsche Identität in Verfassung und Geschichte« erschien in der Zeitschrift »Deutschland Archiv«, die von einem privaten Verlag im Auftrag der bpb herausgegeben wird. Kernthese des Artikels ist, dass die Mehrheit der Deutschen im Nationalsozialismus nicht antisemitisch gewesen seien. Nachdem die Leitung der bpb von dem Artikel erfahren hatte, richtete sie sich in einem Schreiben an die Abonnenten des »Deutschland Archiv« und stellte den Beschwerdeführer, so dass BVerfG in seinem Beschluss, als Autor eines Aufsatzes dar, der nur noch aus dem Verkehr gezogen werden muss. Damit hat die bpb die für eine öffentlich-rechtliche Bildungsanstalt nötige Ausgewogenheit und rechtsstaatliche Distanz nicht gewahrt. Sie hat nach Ansicht der Verfassungsrichter mit ihrer Kritik an dem Aufsatz das Ansehen des Autors unverhältnismäßig herabgesetzt und damit sein Persönlichkeitsrecht verletzt. Die »Süddeutsche Zeitung« stuft das Urteil als »Schutz vor Geschichtsfälschung« ein.
Dokumente:
- Pressemitteilung des BVerfG vom 28. September 2010
- Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 29. September 2010
- Kommentar in der Süddeutschen Zeitung vom 29. September 2010
Institutionen:
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