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18.07.2011; 18:34 Uhr
LG München I: Wer ein Werk in uneingeschränkter Qualität zum Download anbietet handelt in gewerblichem Ausmaß
Relevante Auswertungsphase ist systemwidrige Beschränkung der gesetzlichen Schutzdauer

In einer aktuellen Entscheidung zum Auskunftsanspruch nach § 101 UrhG hat das LG München I zugunsten der Urheber Stellung bezogen (Beschluss vom 12. Juli 2011, Az. 7 O 1310/11, Veröffentlichung in ZUM folgt). Wer ein Werk in uneingeschränkter digitaler Qualität zum freien Download ins Netz stelle, handle wie einer legaler On-demand-Anbieter in gewerblichem Ausmaß (die Richter beziehen sich auf das OLG Hamburg). Eine Beschränkung des Auskunftsanspruchs  auf die relevante Auswertungsphase des illegal angebotenen Werkes widerspreche der Systematik des Urheberrechts, welches für Urheber- und Leistungsschutzrechte deutlich längere Schutzfristen vorsieht. Auch aus der Gesetzesbegründung könne diese Verkürzung nicht hergeleitet werden.

Nach einer aktuellen Studie seien 98,8 Prozent des gesamten Bittorrent-Datenverkehrs illegal. Selbst abzüglich eines Lobbyismus-Faktors werde die wirtschaftliche Bedeutung des Filesharing klar. Daher stellen nach Auffassung des LG München I auch »kurze Uploads einzelner Werke, die dadurch unkontrollierbar weiter verbreitet werden, eine Handlung dar, die immer gewerbliches Ausmaß annimmt«. Der Auskunftsanspruch nach § 101 UrhG sei ins Gesetz aufgenommen worden, um die »faktische Rechtlosstellung der Urheber- und Nutzungsrechtsinhaber durch den anonymen Tausch ihrer Werke im Internet zu beenden«. Einer effektiven Rechtsdurchsetzung sei aber nicht gedient, wenn Rechte, die 50 bzw. 70 Jahre währen, im Internet bereits nach einem Jahr »nur noch auf dem Papier stehen« - gerade in Zeiten steigender Umsätze im On-demand-Geschäft.

Wie das LG München I ausführt, stellen die Gerichte beim gewerblichen Ausmaß der Urheberrechtsverletzung unter anderem auf die relevante Auswertungsphase des zugänglich gemachten Werkes ab (z.B. das OLG Köln). In der Diskussion werde das Merkmal des gewerblichen Ausmaßes unzulässig auf den »Wert« der verletzten Rechte verkürzt. Der »Wert« unterliege aber Schwankungen, z.B. könne der Tod eines Künstlers nach langer Zeit zur erneuten Popularität seiner Werke führen.

Ein aktueller Gesetzesvorschlag der Bundestagsfraktion Die Linke, der eine »Begrenzung der Haftung und der Abmahnkosten bei Urheberrechtsverletzungen zum Gegenstand hat, sieht neben §§ 97, 97 a UrhG auch eine Änderung des § 101 UrhG vor. Danach soll es in § 101 Abs. 1 Satz 1 UrhG heißen: »Wer in Ausübung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Tätigkeit das Urheberrecht...widerrechtlich verletzt«. Der Vorschlag wird in den Blogs von Thomas Stadler und Jens Ferner kritisch beleuchtet.

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