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09.03.2012; 12:16 Uhr
Blogger will mit Verfassungsbeschwerde für das »Laienprivileg« kämpfen
Klärung der Grenzen zwischen Bloggern und Journalisten

Der Blogger und Forenbetreiber Mike Frison ist der Meinung, dass Blogger Journalisten nicht gleichgestellt werden sollten. Seit über einem Jahr kämpft er vor Gerichten fürs »Laienprivileg«. Jetzt will er laut »Spiegel Online« Verfassungsbeschwerde erheben. Zentrale Rechtsfrage ist, ob ein privater Forenbetreiber den gleichen Sorgfaltspflichten und Haftungsmaßstäben unterliegt, wie ein professionelles Presseorgan und dementsprechend vollumfänglich auf Unterlassung und Schadensersatz für persönlichkeitsverletztende Äußerungen in übernommenen Presseartikeln in Anspruch genommen werden kann, auch wenn es um Umstände geht, die von öffentlichem Interesse und dem eigenen Erfahrungs- und Kontrollbereich des Laien entzogen sind. Wenn die Karlsruher Richter die Beschwerde annehmen, so »Spiegel Online«, »wird die Posse um das Forum zur Grundsatzfrage. Denn dahinter steht die Problematik, wo die Grenzen zwischen Bloggern und Journalisten liegen«.

Hintergrund: Im Januar 2011 erhielt Frison, der eine Plattform für Fans des Nürburgrings betreibt, eine Abmahnung, weil er sich in einem Blogeintrag auf einen Zeitungsartikel berufen hatte gegen dessen Veröffentlichung und Verbreitung erfolgreich wegen persönlichkeitsverletztenden Äußerungen eine einstweilige Verfügung erwirkt wurde. Frison wurde zur Löschung des Texts und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Den zu diesem Zeitpunkt eineinhalb Jahre alten Blogeintrag nahm er aus dem Netz, die Unterlassungserklärung hingegen lehnte er ab. Der gegen die daraufhin vom LG Köln erlassene einstweilige Verfügung eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Das LG Köln bestätigte mit Urteil vom 11. Mai 2011 (Az.: 28 O 72/11; Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt) die einstweilige Verfügung mit der Begründung, der Verfügungsbeklagte sei als Forumsbetreiber für die streitgegenständlichen Äußerungen in dem übernommenen Artikel verantwortlich. Er könne sich nicht auf das vom BVerfG entwickelte »Laienprivileg« berufen, da er seit über 10 Jahren das Forum betreibe und durch die von ihm betriebene Website »eine auf Dauer angelegte mediale Öffentlichkeit« schaffe. Vor diesem Hintergrund sei unabhängig davon, ob der Verfügungsbeklagte sich dieser Tätigkeit hauptberuflich oder in seiner Freizeit widme, eine Berufung auf das »Laienprivileg« ausgeschlossen. Das OLG Köln hatte nach übereinstimmender Erledigung nur noch über die Kosten zu entscheiden. Mit Beschluss vom 22. November 2011 (Az.: 15 U 91/11; Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt) erkannte das OLG Köln dem Verfügungsbeklagten zwar das »Laienprivileg« an, legte ihm jedoch einen Großteil der Kosten auf. Hiergegen wendet sich die nun eingereichte Verfassungsbeschwerde. 

Die womöglich vom BVerfG zu klärenden Detailfragen, etwa ob es ausreicht, dass eine Plattform auf Dauer angelegt ist, um das »Laienprivileg« zu verlieren oder ob sich der Betreiber auch noch berufsmäßig, zumindest nebenberuflich damit befassen muss, könnten weitreichenden Konsequenzen haben. Neben der Sorgfaltspflicht haben Journalisten auch weitreichende Rechte, wie z.B. das Zeugnisverweigerungsrecht oder Auskunftsrechte, welche Laien nicht zugutekommen. Auch aus diesen Grund wollen viele Blogger sich nicht auf das «Laienprivileg« berufen, sondern lieber nach journalistischen Regeln arbeiten. Wie »Spiegel Online« meldet, sei in Berliner Kreisen zu hören, dass diese Fragen auch die Enquête-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft« bald beschäftigen werden. 

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[IUM/ct]

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