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29.05.2012; 10:01 Uhr
LG München I stellt gemeinsame Rechtewahrnehmung von Verlagen und Autoren innerhalb der VG Wort in Frage
Beteiligung von Verlagen an den Auszahlungen der VG Wort unzulässig

Das LG München I hat mit Teil-Urteil vom 24. Mai 2012 (Az.: 7 O 28640/11; Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt) die seit Jahrzehnten praktizierte gemeinsame Rechtewahrnehmung von Verlagen und Autoren innerhalb der VG Wort in Frage gestellt. Wie die VG Wort meldet, hat das Gericht »in einem Einzelfall« eine Beteiligung von Verlagen an Auszahlungen der Verwertungsgesellschaft als unzulässig verneint. 

Der Kläger ist Autor wissenschaftlicher und nichtfiktionaler Werke. Als Mitglied und Bezugsberechtigter der VG Wort begehrte er u.a. Feststellung, dass die Verteilung der Einnahmen durch die VG Wort unter Beteiligung der Verlage unrechtmäßig erfolgt. Das LG München I entschied zugunsten des Klägers, dass der Abzug eines pauschalen Verlegeranteils bei der jährlichen Ausschüttung der auf verlegte Werke des Klägers entfallenden Vergütungsanteile zu Unrecht erfolgt sei. In den Entscheidungsgründen heißt es: Da Verlage kein eigenes Leistungsschutzrecht haben, könnten sie allenfalls vom Urheber abgeleitete Rechte bei der Beklagten beibringen. Im Falle des Klägers führe die in dem Wahrnehmungsvertrag aus dem Jahr 1984 erklärte Abtretung aller bestehenden und zukünftigen Rechte an die VG Wort dazu, dass die Verlage, die Werke des Klägers verlegen, von ihm keine Rechte (mehr) erwerben können. Der von der VG Wort getätigte pauschale Abzug zugunsten der Verleger entsprechend ihrer Verteilungspläne stellt nach Auffassung des Gerichts einen Verstoß gegen das in § 7 UrhWG geregelte Willkürverbot dar. § 63a UrhG sei - unabhängig von der Intention des Gesetzgebers bei der Änderung der Vorschrift zum 1. Januar 2008 - insofern nicht einschlägig. »Es ist mithin keine Rechtsgrundlage ersichtlich, weshalb der Verleger des Klägers an den Ausschüttungen, die auf den Veröffentlichungen des Klägers herrühren, beteiligt werden soll«, so das Gericht.

Der streitgegenständliche »Verteilungsplan Wissenschaft« der VG Wort sieht vor, dass die Verteilungssummen »zur gleichen Hälfte aus einem Urheber- und einem Verlagsanteil« bestehen und beide Teile »den Berechtigten gegenüber gesondert abgerechnet und verteilt« werden. Das LG München I weist darauf hin, dass bei der Berechnung der Ausschüttungen Pauschalisierungen zwar erforderlich sein können, »um eine bessere Handhabung der Ausschüttungen zu gewährleisten«. Im konkreten Fall benachteilige die Pauschalisierung den Kläger jedoch offensichtlich unangemessen, denn »selbst wenn es im Ergebnis so wäre, dass den Verlegern in Bezug auf die Gesamtausschüttungen der Beklagten etwa 50 % zustehen würden, da 50 % der Autoren für ihre Werke keine Vorausabtretung an die Beklagte vorgenommen hätten, so kann doch nicht übersehen werden, dass Verleger an dem individuellen Werk des Klägers keine Rechte haben«.

Update: Die VG Wort prüft derzeit die Urteilsgründe und wird mögliche Auswirkungen des Urteils auf die bevorstehenden Ausschüttungen beraten. In einer ausführlichen Stellungnahme weist sie u.a. darauf hin, dass es sich bei der Klage nicht, wie vom Kläger behauptet, um eine »Musterklage« handele. Dennoch, so die VG Wort, könne das Verfahren vor dem Landgericht München I »erhebliche Bedeutung für die Praxis der VG Wort - und anderer Verwertungsgesellschaften -« haben, wenn es rechtskräftig werden sollte.

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