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15.11.2012; 09:58 Uhr
Verwaltungsgerichtshof bestätigt Facebook-Verbot für ORF
ORF will rechtliche Schritte auf europäischer Ebene prüfen

Der ORF muss 39 Seiten auf Facebook aufgeben. Dies entschied der Österreichische Verwaltungsgerichtshof (VwGH) und bestätigte damit einen am 25. April 2012 ergangenen Bescheid des Bundeskommunikationssenats. Dies berichtet der VwGH in einer eigenen Pressemitteilung. Der Bundeskommunikationssenat wie auch die Medienbehörde KommAustria - gegen deren Beanstandung der ORF Beschwerde beim Bundeskommunikationssenat eingelegt hatte - beriefen sich bei ihren Entscheidungen auf § 4 f Abs. 2 des ORF-Gesetzes, der eine Aufzählung von Online-Angeboten enthält, die nicht im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Auftrags bereitgestellt werden dürfen. Konkret ging es um die Ziffer 25 der Aufzählung, wonach es dem öffentlich-rechtlichen Sender untersagt ist, »soziale Netzwerke sowie Verlinkungen zu und sonstige Kooperationen mit diesen« zu unterhalten. Ausgenommen hiervon sind Beiträge die »im Zusammenhang mit der eigenen tagesaktuellen Online-Überblicksberichterstattung« stehen. Strittig ist hier die Frage, ob es sich bei den Facebook-Auftritten um eine »sonstige Kooperation« handelt. Nach Ansicht des ORF beinhaltet Ziffer 25 lediglich ein Betriebsverbot sozialer Netzwerke für den Sender, wobei dieses Betriebsverbot nicht durch Kooperationen umgangen werden dürfe. Die Medienbehörde liest aus der Klausel, dass bereits die bloße Verlinkung nach dem Willen des Gesetzgebers eine Art der Kooperation darstelle, weshalb dies umso mehr für die Erstellung von Seiten in einem sozialen Netzwerk gelten müsse. 

Der VwGH entnimmt der Klausel eine wettbewerbsregulierende Wirkung. Derartige Online-Angebote seien aus Wettbewerbsgründen grundsätzlich anderen Medienunternehmen vorzubehalten. Facebook sei ein weltweit stark verbreitetes und populäres soziales Netzwerk, das Formen der digitalen Kommunikation ermögliche, »die der Gesetzgeber dem ORF nur beschränkt und im Hinblick auf soziale Netzwerke nur insofern zubilligen wollte, als ein Zusammenhang mit der eigenen tagesaktuellen Online-Überblickberichterstattung besteht«. Der Begriff der »sonstigen Kooperation« sei daher so auszulegen, dass die vom Gesetzgeber gewollten Ziele nicht umgangen werden. Unter einer »sonstigen Kooperation« mit sozialen Netzwerken sei daher jede Form des Zusammenwirkens des ORF mit diesen zu verstehen, die den einer Bereitstellung von sozialen Netzwerken durch den ORF selbst gleichzusetzenden Effekt aufweisen.

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz betonte laut »Wiener Zeitung« in einer Stellungnahme, man wolle noch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) abwarten, aber auch rechtliche Schritte auf europäischer Ebene prüfen. Parallel suche man das Gespräch mit dem Gesetzgeber. Man werde den Bescheid allerdings umsetzen und die Facebook-Seiten nicht mehr selbst betreuen, sondern den Fans vermachen.

Nach den Entscheidungen der KommAustria und der Bundeskommunikationsbehörde hatte sich Wrabetz an Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof gewandt. Während der VfGH eine aufschiebende Wirkung ablehnte, räumte der VwGH diese ein. Das entsprechende Verfahren vor dem VfGH ist noch anhängig.

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