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03.02.2013; 20:47 Uhr
EU-Kommission legt Empfehlungen für Abgabensystem bei Privatkopien vor
Abgabenpflicht soll von Herstellern und Importeuren auf Einzelhandel verlagert werden

Der ehemalige EU-Kommissar für Justiz und Inneres, Antonio Vitorino, hat am vergangenen Donnerstag zum Abschluss des von ihm geleiteten Mediationsverfahrens hinsichtlich der Urheberrechtsabgaben für Privatkopien und sonstige Reproduktionsformen seine Empfehlungen vorgelegt. Das Verfahren hatte die EU-Kommission u.a. mit dem Ziel in Auftrag gegeben, eine Vereinheitlichung der Vorgaben für Kopierabgaben innerhalb der EU zu erreichen. Die Mitgliedstaaten sehen unterschiedliche Regelungen für Pauschalabgaben auf Geräte, die eine Privatkopie von urheberrechtlich geschützten Werken zulassen, vor. 

Vitorinos Abschlussbericht enthält einer Pressemitteilung der EU-Kommission zufolge zwei Empfehlungen: Auf der einen Seite soll vermehrt auf Lizenzen und maßgeschneiderte vertragliche Regelungen zurückgegriffen werden, da sie der beste Weg seien, Rechteinhaber für ihre kreative Leistung in ihre Investitionen angemessen zu entlohnen. Zum anderen sollen die unterschiedlichen einzelstaatlichen Abgabensysteme mit dem Binnenmarkt in Einklang gebracht werden. Die Abgabensysteme sollten überdies transparent, verständlicher und für die Verbraucher nachvollziehbar sein. Angaben Vitorinos zufolge beruhen seine Empfehlungen »auf einer sorgfältigen Analyse der von den Interessengruppen vorgebrachten Argumente und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Sie sollen die künftigen Beratungen und die Beschlussfassung erleichtern und so weit wie möglich voranbringen.

Zunächst befasst sich Vitorino mit neuen Geschäftsmodellen und stellt in diesem Zusammenhang klar, dass von Endnutzern für private Zwecke angefertigten Kopien im Zusammenhang mit einer Dienstleistung, für die eine Lizenz erteilt wurde, keine Schädigungen ausgehen, die eine zusätzliche Vergütung in Form von Abgaben erforderlich machen würden.

Im zweiten Teil seiner Empfehlungen beschäftigt sich Vitorino mit der Verbesserung der Abgabensysteme und ihrer Anpassung an die Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs im Binnenmarkt. Hinsichtlich grenzüberschreitender Transaktionen spricht er sich dabei dafür aus, die Abgaben in dem Mitgliedstaat zu erheben, in dem der Endverbraucher seinen Wohnsitz hat. Die Abgabenpflicht sollte weiter von den Herstellern und Importeuren auf den Einzelhandel verlagert werden. Dem müsste allerdings eine Vereinfachung der Gebührensysteme und eine Verpflichtung der Hersteller und Importeure, die Verwertungsgesellschaften über ihre Geschäfte mit den abgabenpflichtigen Gütern zu unterrichten, vorausgehen. Alternativ könnte man berechenbare Regeln zu Vorab-Freistellungen für Betreiber, die grundsätzlich von der Abgabenpflicht befreit werden sollten, in Erwägung ziehen.

Weiter sollten die Abgaben für Reproduktionen konsequenter an den Betreibern und nicht an Ausrüstungsgütern ausgerichtet werden. Schlussendlich sollten die Abgabensysteme innerhalb der EU mehr Übereinstimmung aufweisen. Vor allem sollte hierfür der Begriff der »Schädigung« (d.h. des Schadens, der Rechteinhabern durch private, von der Legalausnahme gedeckten Vervielfältigungen entsteht) EU-weit einheitlich definiert werden. Die Verfahren der Abgabenerhebung sollten vereinfacht, ihre Objektivität gewährleistet und strenge Fristen vorgesehen werden.

Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) begrüßt einer eigenen Pressemitteilung zufolge den Abschlussbericht Vitorinos. »Es entstehen fortlaufend neue Geschäftsmodelle im Online-Bereich. Cloud- und Streaming-Services erlauben heute in flexibler Weise die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke im Interesse der Rechteinhaber und Nutzer. Das Urheberrecht muss insofern den Anforderungen der digitalen Zeit gerecht werden«, kommentiert BITKOM-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder die Empfehlungen. Auch die Verbesserungsvorschläge am aktuellen System erschienen sachgerecht. Allerdings könne dies »nicht darüber hinwegtäuschen, dass das pauschale System der Geräteabgabe ein Auslaufmodell sei. Früher oder später muss die Entschädigung des Urhebers für die Privatkopie an die geänderte Wirklichkeit angepasst werden«.

Dokumente:

[IUM/kr]

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