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15.01.2015; 18:33 Uhr
Baden-Württembergs AfD-Vorsitzender muss Bezeichnung u.a. als Halunke im politischen Meinungskampf hinnehmen
OLG Karlsruhe: Schmähung liegt bei einer die Öffentlichkeit interessierenden Frage nur ausnahmsweise vor

Die Bezeichnung als Betrüger, Rechtsbrecher, Lügner, Halunke oder Gauner kann im Rahmen des politischen Meinungskampfes zwischen Gegnern zulässig sein. Allerdings muss es sich bei diesen Äußerungen ihrem Sinn und systematischen Kontext nach um eine bewertende Stellungnahme zu einer die Öffentlichkeit bzw. eine politische Partei interessierenden Frage handeln. Dies hat der 6. Senat des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG Karlsruhe) einer Pressemitteilung des Gerichts zufolge durch Urteil vom 15. Januar 2015 entschieden (Az. 6 U 156/14 - Veröffentlichung in der ZUM bzw. ZUM-RD folgt). 

Im Fall hatte sich der baden-württembergische Landesvorsitzende der Partei Alternative für Deutschland (AfD) im einstweiligen Verfügungsverfahren dagegen gewehrt, dass ein nunmehr ehemaliges Parteimitglied ihn in einer E-Mail an andere Parteimitglieder entsprechend bezeichnet hatte. Während der Kläger vor dem Landgericht Baden-Baden mit seinem Unterlassungsantrag erfolgt hatte (Urteil vom 29. September 2014 - Az. 4 O 128/14), teilt das OLG die Ansicht der Vorinstanz nicht.  

Diese hatte die Äußerungen als Schmähkritik angesehen, die ohne weitere Abwägung der betroffenen Interessen unzulässig sei. Nach Ansicht der OLG-Richter ist eine Schmähung eher auf die Privatfehde beschränkt und liegt bei einer die Öffentlichkeit interessierenden Frage nur ausnahmsweise vor. Wesentliches Merkmal der Schmähung sei eine das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung. Davon könne in dem Fall keine Rede sein. Die Äußerungen müssten entgegen der Betrachtungsweise der Vorinstanz auch unter Berücksichtigung der in der E-Mail gesetzten Links bewertet werden. Dort beanstande der Beklagte den Ablauf der Wahl des Klägers auf den 3. Listenplatz der AfD bei der Europawahl sowie die Durchführung des Gründungsparteitags als fehlerhaft. Es handele sich bei den Äußerungen damit ihrem Sinn und systematischen Zusammenhang nach um die kritisierten parteiinternen Vorgänge zusammenfassende, bewertende Stellungnahmen. Bei der gebotenen Abwägung spreche eine Vermutung für die Zulässigkeit der beanstandeten Äußerungen, da sonst die Meinungsfreiheit, die Voraussetzung für einen freien offenen politischen Prozess sei, in ihrem Kern betroffen wäre, so die Pressemitteilung.

 

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