mobiles Menü Institut für Urheber- und Medienrecht
01.04.2015; 14:15 Uhr
EUGH: Live-Stream nach EU-Recht nicht geschützt
Nationale Regelung darf Ausschließlichkeitsrecht der Sender auf Live-Übertragungen im Netz ausdehnen

Die Direktübertragung eines Eishockeyspiels über das Internet ist nicht vom Schutz des Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (Info-Richtlinie) erfasst. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EUGH) durch Urteil vom 26. März 2015 entschieden (EUGH C-279/13 - Veröffentlichung in der ZUM bzw. ZUM-RD folgt). Der nationale Gesetzgeber darf aber einen weitergehenden Schutz gewähren. 

Im Fall hatte der schwedische Pay-TV-Sender C More Entertainment gegen Linus Sandberg geklagt, der auf seiner Webseite einen Link gesetzt hatte, über den die Besucher auf die Direktübertragung von Eishockeyspielen auf der Webseite des Senders zugreifen konnten, ohne den vom Sender verlangten Geldbetrag entrichten zu müssen. Nachdem die ersten zwei Instanzen Sandberg wegen Verletzung des Urheberrechts bzw. verwandter Schutzrechte zu einer Geldstrafe und Schadensersatz verurteilt hatten, legte der Högsta domstolen (Oberste Gerichtshof Schwedens) dem EUGH den Fall u.a. mit der Frage zur Vorabentscheidung vor, ob der weitgehende Schutz des schwedischen Rechts mit dem EU-Recht vereinbar sei. Nach Ansicht des schwedischen Obersten Gerichtshofs geht weder aus dem Wortlaut der Info-Richtlinie noch aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass die Anbringung eines Hyperlinks auf einer Webseite eine öffentliche Wiedergabe darstelle. Die betreffende nationale Regelung sehe weiter reichende verwandte Schutzrechte vor als Art. 3 Abs. 2 der Info-Richtlinie. Anders als diese Bestimmung beschränke das schwedische Recht den Schutz nicht auf Handlungen der Zugänglichmachung »auf Abruf«. 

Wie der EUGH in seinem Urteil vom 26. März 2015 nun ausführt, erfasst Art. 3 Abs. 2 der Info-Richtlinie den Live-Stream über das Internet nicht. Vorab stellen die Luxemburger Richter fest, dass Art. 3 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie vorschreibt, dass die Mitgliedstaaten den Sendeunternehmen das ausschließliche Recht gewähren müssen, zu erlauben oder zu verbieten, dass die Aufzeichnungen ihrer Sendungen in einer Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind. Die Richtlinie sollte gerade die Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Art und des Umfangs des Schutzes der netzvermittelten Übertragung der urheberrechtlich geschützten Werke und der durch verwandte Schutzrechte geschützten Gegenstände auf Abruf beseitigen, indem sie den Rechtsschutz auf Gemeinschaftsebene harmonisiert. Die von der Richtlinie somit erfassten interaktiven Übertragungen auf Abruf zeichnen sich aber gerade dadurch aus, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind. Dies ist bei einem Live-Stream wie im vorliegenden Fall aber nicht gegeben. 

Die Mitgliedstaaten dürfen jedoch darüber hinausgehend Live-Streams verbieten. Art. 3 Abs. 2 der Info-Richtlinie sei dahin auszulegen, dass er nicht die den Mitgliedstaaten nach Art. 8 Abs. 3 in Verbindung mit dem 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/115 eingeräumte Möglichkeit berührt, den Sendeunternehmen das ausschließliche Recht zu gewähren, Handlungen der öffentlichen Wiedergabe ihrer Sendungen zu erlauben oder zu verbieten, sofern ein solcher Schutz den Schutz der Urheberrechte nicht beeinträchtigt.

Institutionen:

[IUM/kr]

Permanenter Link zu dieser News Nr. 5388:

https://www.urheberrecht.org/news/5388/


Zurück zur Liste


Der kostenlose Service unserer Online-Redaktion.

Das IUM dokumentiert die politischen und rechtlichen Entwicklungen aus dem Bereich des Urheber- und Medienrechts und gibt einen tagesaktuellen Newsletter heraus. Dieser informiert über neue Gerichtsentscheidungen und laufende Gesetzgebungsverfahren und ist dabei dem Gebot strikter Neutralität verpflichtet. Fördermitglieder erhalten den Newsletter vorab per E-Mail. Sein Inhalt wird hier dokumentiert.

Hier können Sie sich für den IUM Newsletter anmelden!

Gerne schicken wir Ihnen auch alle aktuellen Informationen per Mail.