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14.05.2015; 22:06 Uhr
EUGH: Verbreitungsrecht des Art. 4 Abs. 1 Info-Richtlinie erfasst auch Angebote zum Erwerb und gezielte Werbung
Es muss nicht erwiesen sein, dass die Werbung zu einem Erwerb des Schutzgegenstands geführt hat

Art. 4 Abs. 1 der Info-Richtlinie ist dahingehend auszulegen, dass der Inhaber des ausschließlichen Verbreitungsrechts an einem geschützten Werk Angebote zum Erwerb oder gezielte Werbung in Bezug auf das Original oder auf Vervielfältigungsstücke des Werkes auch dann verbieten kann, wenn nicht erwiesen sein sollte, dass es aufgrund dieser Werbung zu einem Erwerb des Schutzgegenstands durch einen Käufer aus der Union gekommen ist, sofern die Werbung die Verbraucher des Mitgliedstaats, in dem das Werk urheberrechtlich geschützt ist, zu dessen Erwerb anregt. 

Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EUGH) durch Urteil vom 13. Mai 2015 entschieden (Az: C-516/13 - Veröffentlichung in der ZUM bzw. ZUM-RD folgt). Die Entscheidung folgte auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 11. April 2013 (ZUM 2013, 882) in dem Rechtsstreit zwischen der Dimensione Direct Sales Srl (Dimensione), einer Gesellschaft italienischen Rechts, und Herrn Labianca auf der einen Seite und der Knoll International SpA (Knoll), einer Gesellschaft italienischen Rechts, auf der anderen Seite. Die Klägerin vertreibt Möbel nach Entwürfen von Marcel Breuer und Ludwig Mies van der Rohe.

Sie hatte eine Verletzung des ausschließlichen Verbreitungsrechts gem. § 17 Abs. 1 UrhG durch Dimensione geltend gemacht. Hierzu soll es dadurch gekommen sein, dass Dimensione mit einer gezielt auf Deutschland ausgerichteten Werbekampagne Vervielfältigungsstücke von in diesem Mitgliedstaat urheberrechtlich geschützten Möbelstücken zum Erwerb angeboten hat. In den Jahren 2005 und 2006 hatte Dimensione auf ihrer in deutscher Sprache abrufbaren Internetseite, in verschiedenen deutschen Tageszeitungen und Zeitschriften sowie in einem Werbeprospekt für den Kauf von Möbeln, die geschützten Designs entsprechen, mit folgendem Hinweis geworben: »Sie erwerben ihre Möbel bereits in Italien, bezahlen aber erst bei Abholung oder Anlieferung durch eine inkassoberechtigte Spedition (wird auf Wunsch von uns vermittelt).«

Da Knoll der Ansicht war, dass es sich bei den angebotenen Möbeln um Nachahmungen oder Fälschungen der geschützten Designs handele, beantragte sie beim Landgericht Hamburg, Dimensione und Herrn Labianca zu verbieten, diese Möbel in Deutschland anzubieten. Sowohl das Landgericht Hamburg als auch die Berufungsinstanz gaben der Klägerin Recht. Auf die Revision der Beklagten hin setzte der BGH das Verfahren aus und rief den EUGH zur Vorabentscheidung an. Dieser beschäftigte sich sodann damit, ob Art. 4 Abs. 1 der Info-Richtlinie dahin auszulegen ist, dass der Inhaber des ausschließlichen Verbreitungsrechts an einem geschützten Werk Angebote zum Erwerb oder Werbung in Bezug auf das Original oder auf Vervielfältigungsstücke des Werkes auch dann verbieten kann, wenn nicht erwiesen sein sollte, dass es aufgrund des Angebots oder der Werbung zu einem Erwerb des Schutzgegenstand durch einen Käufer aus der Union gekommen ist.  

Nach dieser Vorschrift wird den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf Vervielfältigungsstücke davon das ausschließliche Recht verliehen, die Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten. Der Begriff der »Verbreitung« ist dem Urteil zufolge ein autonomer Begriff, der im Einklang mit Art. 6 Abs. 1 WCT auszulegen ist. Demzufolge sei die Formulierung »Verbreitung an die Öffentlichkeit ...durch Verkauf« in Art. 4 Abs. 1 der Info-Richtlinie gleichbedeutend mit der Formulierung »durch Verkauf ... der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden« in Art. 6 Abs. 1 des WCT.

Dem Abschluss des Kaufvertrags vorangehende Geschäfte oder Handlungen könnten ebenfalls unter den Verbreitungsbegriff fallen und ausschließlich den Inhabern des Urheberrechts vorbehalten sein. Hierzu gehörte auch die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots sowie eine zu nichts verpflichtende Werbung für einen Schutzgegenstand. Es sei unerheblich, dass auf diese Werbung nicht der Übergang des Eigentums an dem gschützten Werk oder seinen Vervielfältigungsstücken folgt. Diese Auslegung entspreche den Zielen der Info-Richtlinie und dem daraus folgenden hohen Schutzniveau.  

Institutionen:

[IUM/kr]

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