mobiles Menü Institut für Urheber- und Medienrecht
01.06.2015; 14:22 Uhr
OLG Celle: Bettina Wulff scheitert mit Klage gegen Bauer Verlag
Entscheidend ist in jedem Konflikt, welche Gesichtspunkte bei der Interessenabwägung in die Waagschale gebracht werden können

Wie das Oberlandesgericht (OLG) Celle durch Pressemitteilung vom 29. Mai 2015 berichtet, ist Bettina Wulff mit Ihrer Klage gegen den Heinrich Bauer Verlag in zweiter Instanz gescheitert. Das OLG Celle wies die Klage mit Urteil vom 28. Mai 2015 (Az.: 13 U 104/14 - Veröffentlichung in der ZUM bzw. ZUM-RD folgt) ab. Die ehemalige First Lady hatte den Verlag wegen einer vermeintlich unzulässigen Bildberichterstattung in einer Ausgabe der Zeitschrift »CLOSER« durch Anwaltsschreiben abgemahnt. Der letzte Absatz des Abmahnschreibens lautete: "Unsere Mandantin ist für eine Antwort in Bezug auf dieses Schreiben nicht empfangsbereit. Sie wünscht nicht direkt diesbezüglich angeschrieben zu werden, sondern dass die Rechtsangelegenheit ausschließlich mit der Kanzlei (...) abgewickelt wird". Trotzdem wandte sich die Beklagte schriftlich direkt an Frau Wulff. In diesem Schreiben legte der Verlag dar, dass die Berichterstattung nach seiner Auffassung zulässig gewesen sei. Abschließend lud die Beklagte Bettina Wulff zu einem persönlichen Gespräch ein, um "für die Zukunft eine (...) Gesprächsgrundlage" zu schaffen. Die Rechtsanwälte der Klägerin wurden parallel über dieses Schreiben informiert. 

Hierauf ging Frau Wulff gerichtlich gegen den Presseverlag vor und verlangte, es zu unterlassen, sie in pressrechtlichen Abmahnfällen dirket anzuschreiben, obwohl sie ausdrücklich geäußert habe, dass der Schriftverkehr über ihre Rechtsanwälte zu erfolgen habe. Anders als das Landgericht (LG) Hannover wies das OLG Celle die Klage in zweiter Instanz ab. Während das LG in dem Verhalten des Verlags einen Verstoß gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin sah, konnte das OLG einen Verstoß durch den fraglichen Brief nicht feststellen.

In einer bloßen - als solchen nicht ehrverletzenden - Kontaktaufnahme könnte zwar grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegen, wenn sie gegen den eindeutig erklärten Willen des Betroffenen erfolge und bei einer Abwähgung der beiderseitigen Interessen das Recht der Klägerin auf Schutz ihrer Persönlichkeit und Achtung ihrer Privatsphäre das Interesse des Beklagten, mit ihr unmittelbar in Kontakt zu treten, überwiege. Dieses Voraussetzungen waren nach Ansicht der OLG-Richter aber nicht gegeben. 

Die Interessenabwägung der Richter habe ergeben, dass der Aufwand das Schreiben entweder ungelesen oder nach Lektüre der Anfangszeilen an den eigenen Anwalt weiterzuleiten, nicht nennenswert sei. Das Schreiben konzentriere sich auf den konkreten Fall und übe auch sonst keinen ZWang auf die Klägerin aus, sich mit der Beklagten persönlich auseinanderzusetzen. Da es sachlich gefasst war und keine ehrverletzenden Äußerungen enthalten habe, sei es objektiv nicht geeignet gewesen, die Klägerin zu verunsichern.  

Auf der anderen Seite müsse berücksichtigt werden, dass einer Partei in einem Rechtsstreit grundsätzlich die Möglichkeit gegeben sein müsse, Kontakt zu ihrem Gegner aufzunehmen, um eine argumentative Klärung dieser Auseinandersetzung herbeizuführen. Dieses Interesse sei schon im Rahmen der allgemeinen Meinungsfreiheit geschützt. Im konkreten Fall komme hinzu, dass der Verlag ein persönliches Gespräch angeboten hatte, um eine grundsätzliche Klärung herbeizuführen. Da dies die höchstpersönliche Bereitschaft von Frau Wulff vorausgesetzt habe, habe die größtmögliche Chance, eine Zusage zu erlangen, eben darin gelegen, Frau Wulff direkt zu kontaktieren.

Das OLG Celle zitiert seinen Pressesprecher wie folgt: »Ob das Interesse der Klägerin bei - hier nicht in Frage stehenden - wiederholten unmittelbaren Kontaktaufnahmen anders zu bewerten wäre, hat das Gericht nicht beruteilen müssen.« Entscheidend sei in jedem Konflikt, welche Gesichtspunkte bei der Interessenabwägung in die Waagschale gebracht werden können.

 

Dokumente:

Institutionen:

[IUM/kr]

Permanenter Link zu dieser News Nr. 5421:

https://www.urheberrecht.org/news/5421/


Zurück zur Liste


Der kostenlose Service unserer Online-Redaktion.

Das IUM dokumentiert die politischen und rechtlichen Entwicklungen aus dem Bereich des Urheber- und Medienrechts und gibt einen tagesaktuellen Newsletter heraus. Dieser informiert über neue Gerichtsentscheidungen und laufende Gesetzgebungsverfahren und ist dabei dem Gebot strikter Neutralität verpflichtet. Fördermitglieder erhalten den Newsletter vorab per E-Mail. Sein Inhalt wird hier dokumentiert.

Hier können Sie sich für den IUM Newsletter anmelden!

Gerne schicken wir Ihnen auch alle aktuellen Informationen per Mail.