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02.07.2015; 12:03 Uhr
OLG Hamburg entscheidet zur Haftung von YouTube für Urheberrechtsverletzungen seiner Störer
Richter bejahen Störerhaftung des Videoportalbetreibers hinsichtlich einzelner Musikstücke - Haftung als Täter wird abgelehnt

Wird der Betreiber eines Videoportals auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen, muss er nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Schutzrechtsverletzungen kommt. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg in zwei Urteilen vom 1. Juli 2015 entschieden (Az.: 5 U 87/12 und 5 U 175/10 - Veröffentlichung in der ZUM bzw. ZUM-RD folgt). In beiden Fällen hatte die Verwertungsgesellschaft GEMA die Betreiberin des Videoportals YouTube und - in einem der Verfahren - auch deren Muttergesellschaft, die Google Inc., wegen des Vorwurfs von Urheberrechtsverletzungen in Anspruch genommen. Wie das OLG Hamburg in einer Pressemitteilung vom 1. Juli 2015 mitteilt sind Gegenstand der Verfahren verschiedene Musiktitel, die durch Nutzer von YouTube im Rahmen von Videoclips hochgeladen und damit öffentlich zugänglich gemacht worden waren, obwohl sie an den Musiktiteln keine Rechte hatten. 

In dem Verfahren 5 U 87/12 hatte die GEMA ein Verbot der öffentlichen Zugänglichmachung von zwölf Musiktiteln beantragt, an denen sie die Rechte wahrnimmt. YouTube lehnte dies mit der Begründung ab, dass sie nicht für etwaige Urheberrechtsverletzungen hafte. Sie stelle die Plattform den Nutzern lediglich zur Verfügung und habe die fraglichen Videos weder selbst erstellt noch hochgeladen. Weiter habe sie alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um Urheberrechtsverletzungen zu begegnen. 

Das Landgericht Hamburg hatte am 20. April 2012 in erster Instanz entschieden, dass YouTube sieben der zwölf streitgegenständlichen Musikwerke von seiner Plattform entfernen muss (ZUM 2012, 596 - nachzulesen bei Beck-Online). Es folgte bei seiner Entscheidung jedoch nicht der Argumentation der GEMAYouTube hafte als »Täter« für die Urheberrechtsverletzungen, sondern nahm die so genannte »Störerhaftung« an. YouTube habe sich die Inhalte der von den Nutzern hochgeladenen Videos nicht zu eigen macht. Allerdings habe YouTube durch das Bereitstellen und den Betrieb der Videoplattform einen Beitrag zu den Rechtsverletzungen geleistet, aufgrund dessen die Videoplattform Verhaltens- und Kontrollpflichten träfen. Diese habe YouTube jedenfalls bei den sieben der zwölf streitgegenständlichen Videos verletzt, da diese trotz Benachrichtigung über die Urheberrechtsverletzungen erst gut eineinhalb Monate später gesperrt worden seien. Ab Kenntnis von konkreten Rechtsverletzungen treffe YouTube die Pflicht, dass betroffene Video unverzüglich zu sperren und in zumutbarem Rahmen geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um wiederholte Uploads zu verhindern. In Bezug auf die übrigen fünf Titel hatte das LG eine Pflichtverletzung auf Seiten von YouTube verneint und die Klage abgewiesen. Sowohl die GEMA als auch YouTube hatten gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt. Beide Rechtsmittel hat der 5. Zivilsenat des OLG nun zurückgewiesen.

Auch in dem Verfahren 5 U 175/10 geht es laut der Pressemitteilung u.a. um die Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß der Betreiber einer Videoplattform für Urheberrechtsverletzungen durch Videos haftet, die von Nutzern der Plattform hochgeladen werden. 

In beiden Verfahren hat der 5. Zivilsenat nun in Bezug auf einzelne der jeweils betroffenen Musiktitel eine Haftung von YouTube bzw. Google Inc. aus dem Gesichtspunkt der sogenannten Störerhaftung bejaht und eine Haftung als Täter abgelehnt. Als Störer seien die Betreiber von Diensten wie YouTube im Ausgangspunkt zwar nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten und gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Nutzertätigkeit hindeuten. Werde allerdings ein solcher Diensteanbieter auf eine klarte Rechtsverletzung hingewiesen, müsse er nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Schutzrechtsverletzungen kommt. 

Welche Pflichten den Diensteanbieter treffen, insbesondere ob und wieweit er zur Sperrung und dann zur Prüfung und Überwachung der bei ihm hochgeladenen Inhalte verpflichtet ist, richtet sich nach den OLG-Richtern danach, was dem Betreiber nach den Umständen des jeweiligen Falles zuzumuten ist. Eine Verletzung derartiger Pflichten wurde in beiden Verfahren hinsichtlich einzelner Musiktitel bejaht und YouTube bzw. Google insofern zu Unterlassung verpflichtet.

Beide Urteile sind laut der Pressemitteilung nicht rechtskräftig.  

Dokumente:

[IUM/kr]

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