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14.10.2015; 10:03 Uhr
Bundesverfassungsgericht lehnt Entscheidung über Auskunftsanspruch der Presse gegenüber Bundesbehörden ab
Auskunftsansprüche in Landesgesetzen gewähren nur Zugang zu aktuell vorhandenen Informationen und beinhalten keinen Informationsbeschaffungsanspruch

Laut eigener Pressemitteilung vom 13. Oktober 2015 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) durch Beschluss vom 27. Juli 2015 beschlossen (Az.: 1 BvR 1452/13 - Veröffentlichung in der ZUM bzw. ZUM-RD folgt), eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zum presserechtlichen Auskunftsanspruch vom 20. Februar 2013 (BVerwG 6 A 2.12 ZUM 2013, 694 - Abrufbar bei Beck Online) nicht zur Entscheidung anzunehmen. Das BVerwG hatte unter anderem entschieden, dass die Pressegesetze der Länder auf Bundesbehörden nicht anwendbar sind. Damit folge die Pflicht des Staates zur Erteilung von Auskünften aus dem Grundrecht der Pressefreiheit, das einen »Minimalstandard« an Auskünften garantiere, soweit nicht berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit von Informationen entgegenstünden, wie sie beispielsweise in den Landespressegesetzen aufgeführt seien (vgl. Meldung vom 20. Februar 2015).

Die 3. Kammer des Ersten Senats des BVerfG lässt in ihrem Beschluss nun dahinstehen, auf welcher Rechtsgrundlage die streitgegenständlichen Auskunftsansprüche beruhen, da der Beschwerdeführer jedenfalls im Ergebnis nach Ansicht der Richter nicht in seinen Grundrechten verletzt ist. Es komme nicht darauf an, dass das BVerwG diese nur als »Mindestanspruch« qualifiziere. Solange auch die Landespressegesetze, deren Verfassungsmäßigkeit der Beschwerdeführer selbst nicht in Zweifel ziehe, keine entsprechenden Ansprüche gewährten, sei für eine Verletzung der Pressefreiheit nichts ersichtlich. Die Landespressegesetze aber gewährten nur Zugang zu bereits vorhandenen Informationen. Der Beschwerdeführer begehrte demgegenüber Informationen vom Bundesnachrichtendienst (BND), über die dieser - zum maßgeblichen Zeitpunkt im fachgerichtlichen Verfahren - selbst noch nicht verfügte. Auch das BVerwG hatte den Auskunftsanspruch abgelehnt, da er sich nur auf Informationen beziehe, die bei der Behörde aktuell vorhanden seien und keinen Informationsbeschaffungsanspruch beinhalte. 

Im Fall hatte ein Journalist der »Bild«-Zeitung vom BND als Bundesbehörde Auskunft darüber verlangt, wie viele seiner Mitarbeiter in bestimmten Jahren zwischen 1950 und 1980 Mitglied der NSDAP, der SS, der Gestapo oder der Abteilung »Fremde Heere Ost« waren. Er hatte sich hierbei auf das Pressegesetz des Landes Berlin gestützt. Nachdem der BND dem Journalisten mitgeteilt hatte, dass die Bearbeitung des Antrags noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde, hatte die »Bild« Untätigkeitsklage erhoben. Das BVerwG hatte die Klage abgewiesen. Dem Bund stehe die ausschließliche Kompetenz für die Gesetzgebung in auswärtigen Angelegenheiten sowie in Angelegenheiten der Verteidigung zu. Zu dieser Materie gehöre auch der gesetzliche Auftrag an den BND zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland mit außen- und sicherheitspolitischer Relevanz. Die Befugnis zur Regelung der Materie »Bundesnachrichtendienst« umfasse als Annex die Kompetenz, Voraussetzungen und Grenzen zu regeln, unter denen der Öffentlichkeit, einschließlich der Presse, Informationen erteilt werden dürften. Von der Kompetenz mit Blick auf Auskünfte der Bundesbehörden gegenüber Mitgliedern der Presse habe der Bund keinen Gebrauch gemacht. 

Nach Ansicht der obersten Verfassungsrichter kann die Frage, ob die Länder im Rahmen ihrer Kompetenzen zur Regelung des Presserechts auch Auskunftspflichten gegenüber Bundesbehörden begründen können oder ob solche Regelungen dem Bundesgesetzgeber vorbehalten sind, dahinstehen. Auch die Frage, ob ein Auskunftsanspruch unter Rückgriff auf Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden könne und wie weit dieser gegebenenfalls reiche, könne dahinstehn. Denn für eine Verletzung der Pressefreiheit sei jedenfalls dann nichts ersichtlich, solange den Presseangehörigen im Ergebnis ein Auskunftsanspruch eingeräumt werde, der hinter dem Gehalt der Auskunftsansprüche der Landespressegesetze nicht zurückbleibe. Wenn es den Fachgerichten auf diese Weise gelinge, die Konsequenzen der nach Ansicht des BVerwGs nicht wirksam geregelten Auskunftsansprüche von Presseangehörigen gegenüber Bundesbehörden aufzufangen, komme eine Verletzung von Grundrechten nicht in Betracht und sei eine Annahme des Verfahrens durch das BVerfG nicht angezeigt. So liege es in dem konkreten Fall, da die Auskunftsansprüche in den Landespressegesetzen nur den Zugang zu den Informationennicht deren Beschaffung begründeten.

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