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08.11.2015; 20:01 Uhr
Kommissionsmitteilung zur EU-Urheberrechtsreform geleakt
Schrittweiser Abbau der territorialen Grenzen für Urheberrechtsnutzungen innerhalb Europas - Harmonisierung der Schrankenregelungen

Zu den Plänen der EU-Kommission hinsichtlich der Reform des EU-Urheberrechts ist ein neues Dokument aufgetaucht. Der Blog IPKat hat am 5. November 2015 eine ihm nach eigenen Angaben zugespielte entsprechende Kommissionsmitteilung mit dem Titel »towards a modern, more european copyright framework« geleakt. Wie die Kommission eben dieses Ziel eines modernen, europäischeren Urheberrechtsrahmens erreichen möchte, das soll in der Mitteilung klargestellt werden. Dabei hält es die Kommission einmal für notwendig, den Binnenmarkt durch eine stärkere Harmonisierung der Urheberrechtsregeln zu stärken. Einen besonderer Fokus wird hierbei auf die Territorialität gelegt. Weiter sollen die Urheberrechtsregeln den Gegebenheiten der neuen Technologien angepasst werden, um weiterhin ihre Zielsetzung erreichen zu können.

Der Online-Handelsverkehr mit Produkten und Diensten innerhalb Europas über die Ländergrenzen hinweg sei ein wichtiger Umstand, um den Binnenmarkt zu stärken und die Einnahmemöglichkeiten der Werkschaffenden sowie die der betroffenen Unternehmen zu erweitern. Die Abschaffung des so genannten Geoblockings und anderer Formen geographischer Beschränkungen soll allerdings schrittweise erfolgen. Als ersten Schritt schlägt die Kommission eine Regelung zur so genannten Portabilität vor. Diese soll sicherstellen, dass Nutzer auf in ihrem Heimatland erworbene Dienste oder Produkte auch dann zugreifen können, wenn sie sich vorübergehend im europäischen Ausland aufhalten. Um den grenzfreien paneuropäischen Onlinezugang zu ermöglichen plant die Kommission bereits im Frühjahr 2016 Gesetzesinitiativen vorzulegen, die unter anderem eine Ausdehnung von Bestimmungen zur Kabel- und Satellitenübertragung auf den Online-Bereich und eine Erleichterung der Digitalisierung kommerziell nicht mehr genutzter Inhalte erfassen sollen.

Weiter wird sich die EU-Urheberrechtsreform mit den Schrankenregelungen beschäftigen. Da die Vorgaben der EU in diesem Bereich meist optional und einer weiten Auslegung zugänglich seien, fielen die Regelungen innerhalb der EU-Staaten besonders unterschiedlich aus. Die Schranken müssten vereinheitlicht und an die Herausforderungen des digitalen Binnenmarktes angepasst werden. Ausdrücklich nimmt die Kommission hier u.a. Bezug auf Schranken zu Gunsten der Wissenschaft und Bildung und auf die viel diskutierte Panoramafreiheit. Allgemein heißt es in der Mitteilung, es sei das generelle Ziel, die Regelungen in den einzelnen Mitgliedstaaten stärker gleichzuschalten, einschlägige Ausnahmen verpflichtend zu gestalten und sicherzustellen, dass sie auch über die Grenzen innerhalb der EU hinweg ihr Ziel erreichen. 

Auch hinsichtlich der Aufteilung der Erlöse, die aus der Verwertung neuer Arten des Content-Vertriebs generiert werden, sieht die Kommission Regelungsbedarf. Es sei daher fraglich, ob die Definition des Rechts auf öffentliche Wiedergabe und Zugänglichmachung veränderungsbedürftig ist. So seien beispielsweise für so genannte News-Aggregatoren, also bspw. Suchmaschinen und Nachrichtenportale, in einzelnen Mitgliedstaaten Regelungen getroffen worden. Damit bezieht sich die Kommission auf die Regelungen zum Leistungsschutzrecht für Presseverleger in Deutschland und Frankreich. Allerdings würden diese Regelungen laut der Kommission das Risiko der Fragmentierung der Rechtslage in Europa in sich bergen.

In einer Pressemitteilung vom 6. November 2015 kritisiert Julia Reda, Europaabgeordnete der Piratenpartei, diesbezüglich, dass die Kommission nur eine mögliche Fragmentierung, nicht aber die Substanz der Leistungsschutzrechte für Presseverleger kritisiere. Eine gesamteuropäische Antwort auf die dahinterliegenden Fragestellungen sei nötig. Nach Meinung der EU-Abgeordneten soll mit der in der geleakten Mitteilung in Aussicht gestellten Überarbeitung der Exklusivrechte auf EU-Ebene dasselbe Ziel erreicht werden, das mit dem Leistungsschutzrecht verfolgt wurde. Sie sieht in dem Hinweis der Kommission auf das Leistungsschutzrecht der Presseverlage bei der Frage nach der Definition der öffentlichen Zugänglichmachung die Gefahr, dass nun sogar schon bloße Links auf urheberrechtlich geschützte Inhalte zukünftig als Zugänglichmachung gelten könnten und damit genehmigungspflichtig sein könnten.

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