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16.11.2015; 11:10 Uhr
New York Times: Diskussion um Ablauf der Schutzdauer des Urheberrechts an dem Tagebuch der Anne Frank
Schweizerischer Anne Frank Fond bezeichnet 1980 verstorbenen Vater, Otto Frank, als Mitautor

Um die Schutzdauer des Urheberrechts des Tagebuchs der Anne Frank hat sich kurz vor dem erwarteten Ablauf am 1. Januar 2016 eine hitzige Diskussion entsponnen. Wie die »New York Times« am 13. November 2015 berichtet, erklärt der Schweizerische Anne Frank Fond, der die Urheberrechte hält, den Vater des im Jahr 1945 verstorbenen Holocaust-Opfers, Otto Frank, zum Mitautoren. Da dieser 1980 verstorben ist, würde die Schutzdauer des Urheberrechts bspw. in Deutschland 70 Jahre nach dem Tod des längstlebenden Miturhebers, also nach Ablauf des Jahrs 2050 enden. Für die Schutzdauer in den Vereinigten Staaten hat die Miturheberschaft keine Auswirkungen. In den Vereinigten Staaten endet die Schutzdauer laut »New York Times« im Jahr 2047, 95 Jahre nach Erstveröffentlichung des Tagebuchs im Jahr 1952.

Wie die »New York Times« weiter berichtet, hat die bereits im letzten Jahr getätigte Aussage des Anne Frank Fonds betreffend die Miturheberschaft, für großes Aufsehen gesorgt, da das Ablaufdatum der ursprünglichen Schutzfrist näher rückt. So hätten einige angekündigt, sich der Aussage des Fonds zu widersetzen und Teile des Textes zu veröffentlichen. 

Der meiste Widerstand soll sich in Frankreich regen. So zitiert die Zeitung Agnès Tricoire, eine Pariser Urheberrechtlerin, die darauf hinweist, dass sich die zuständigen Mitarbeiter des Fonds Gedanken über die Konsequenzen ihrer Aussage machen müssten. Diese bedeute im Umkehrschluss, dass der Fonds über Jahre die Unwahrheit hinsichtlich der alleinigen Autorenschaft von Anne Frank propagiert habe. Allerdings baute der Fond einem Bericht der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« (FAZ) zum Todestag der Anne Frank vom 17. Februar 2015 zufolge seine Argumentation dahingehend auf, dass Otto Frank durch seine Rolle als erster Lektor ein Bearbeitungs- und damit ein eigenständiges Urheberrecht erworben habe. 

Dem Artikel der »New York Times« zufolge geht der Fond auch mit dem Anne-Frank-Haus, einem Museum in Amsterdam, auf Kollisionskurs. Dieses habe über fünf Jahre mit Historikern und Forschern an einer aufwendigen Onlineversion des Tagebuchs gearbeitet, das nach Ablauf des Jahrs 2015 erscheinen sollte. Es sei noch nicht entschieden, so die »New York Times«, ob dieses weiterhin verwirklicht wird. Eine Sprecherin erklärte gegenüber der Zeitung, dass sich jegliche Veröffentlichung im gesetzlichen Rahmen halten werde. Allerdings sei weder Otto Frank noch irgendeine andere Person Mitautor des Tagebuchs.

Wie die »FAZ« in dem Artikel vom Februar dieses Jahres aufzeigt, stehen hier die beiden wichtigsten Stiftungen um die Geschichte der Anne Frank im Streit. Auf der einen Seite stehe die seit 1957 bestehende Amsterdamer Stiftung, die das Anne-Frank-Haus betreibt. Auf der anderen Seite der Anne-Frank-Fonds. Dieser wurde 1963 von Otto Frank als karitative Stiftung in Basel gegründet, als das Tagebuch bereits Gewinne abwarf. Für den Fall, dass durch das Erlöschen der Autorenrechte einmal keine Ennahmen mehr zu erwarten seien, so die »FAZ«, hatte Otto Frank festgelegt, dass der Anne-Frank-Fonds aufgelöst werden sollte. 

 

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