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20.06.2016; 22:01 Uhr
Schlussanträge des EuGH-Generalanwalts zum Verleih von E-Books
Verleihen von E-Books ist Äquivalent zum Verleihen von Büchern in Papierform

In seinen Schlussanträgen vom 16. Juni 2016 vertritt Generalanwalt Maciej Szpunar die Auffassung, dass die zeitlich begrenzte Zurverfügungstellung von E-Books durch öffentliche Bibliotheken vom Anwendungsbereich der Richtlinie zum Vermietrecht und Verleihrecht (RL 2006/115/EG) umfasst ist. Seiner Ansicht nach sollte die allgemeine Regelung des Verleihrechts Anwendung finden, die u.a. eine angemessene Vergütung der Urheber im Rahmen der für das öffentlichen Verleihwesen geltenden Ausnahme vorsieht. Der Unionsgesetzgeber habe das Verleihen von E-Books nicht unter den in der Richtlinie verwendeten Begriff des »Verleihens« gefasst, weil die kommerziell verwertbare E-Book-Technologie zu jener Zeit erst am Anfang stand, so Szpunar laut Pressemitteilung des EuGH.

Nach dieser, nach eigenen Aussagen des Generalanwalts, »dynamischen« oder »evolutiven« Auslegung kam Szpunar zu dem Schluss, dass das Verleihen von E-Books ein Äquivalent zum Verleihen von herkömmlichen Büchern ist. Nur mit einer solchen Auslegung könne seiner Auffassung nach in Anbetracht der rasanten technologischen und wirtschaftlichen Entwicklung die Wirksamkeit der in Rede stehenden Regelung gewährleistet werden.

Die Richtlinie 2006/115/EG sieht vor, dass das ausschließliche Recht, das Vermieten und Verleihen von Büchern zu erlauben oder zu verbieten, dem Urheber des Werks zusteht. Die Mitgliedstaaten können jedoch Ausnahmen für öffentliche Bibliotheken vorsehen, wenn Urheber angemessen vergütet werden. In den Niederlanden fällt das Verleihen von E-Books durch öffentliche Bibliotheken nicht per se unter diese Regelungen. Die Vereinigung Openbare Bibliotheken (VOB), ein niederländischer Zusammenschluss öffentlicher Bibliotheken, ist jedoch der Ansicht, dass diese Regelung auch für das Verleihen von E-Books gelten müsse. Vor diesem Hintergrund erhob die VOB gegen die Stichting Leenrecht, die - ähnlich wie hierzulande die VG Wort - mit der Erhebung der Urhebervergütung betraut ist, Klage. Diese betrifft das nach dem »One-copy-one-user«-Modell organisierte Verleihen. Das mit der Sache befasste Gericht in Den Haag hat dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (Az.: C-174/15).

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