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02.11.2020; 10:47 Uhr
Zeitung hat keinen Anspruch auf Auskunft über Infektionszahlen in Ortsgemeinden
VG Neustadt sieht entgegenstehende überwiegende private Interessen

Die Pirmasenser Zeitung hat gegenüber dem Landkreis Südwestpfalz keinen Anspruch auf Auskunft über die genauen Corona-Infektionszahlen der einzelnen Ortsgemeinden im Landkreis. Das hat das VG Neustadt a. d. Weinstraße entschieden (5 L 930/20.NW).

Die Herausgeberin der Zeitung begehrte von der zuständigen Kreisverwaltung Auskunft über die genauen Infektionszahlen der einzelnen Ortsgemeinden. Hintergrund ist, dass nach bisheriger Praxis in Rheinland-Pfalz lediglich die Zahl der Neuinfektionen auf Landkreisebene bekannt gegeben werden. Zahlen aufgeschlüsselt nach den einzelnen Gemeinden werden demgegenüber regelmäßig nicht genannt. Da die Kreisverwaltung das Anliegen der Zeitung mit Verweis auf eine Empfehlung des Landesdatenschutzbeauftragten ablehnte, stellte die Pirmasenser Zeitung einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Dieser wurde damit begründet, dass in der Bevölkerung ein öffentliches Informationsinteresse über ortsgenaue Zahlen bestünde, um sich besser vor Ansteckungen schützen zu können.

Dieser Begründung ist das VG Neustadt nun nicht gefolgt. Die Antragstellerin habe keinen presserechtlichen Auskunftsanspruch gegenüber dem Landkreis in dieser Sache, da diesem Anspruch ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse entgegenstehe. Aufgrund der kleinteiligen Siedlungsstruktur im Landkreis mit Ortsgemeinden mit weniger als 100 Einwohnern bestehe andernfalls die Gefahr, dass durch die Veröffentlichung genauer Zahlen Rückschlüsse auf die betroffenen Personen gezogen werden könnten. Gerade durch den Austausch in sozialen Medien sei es mehr als wahrscheinlich, so das VG Neustadt weiter, dass Infizierte aus kleineren Gemeinden konkret identifiziert werden könnten. Gegen den Beschluss kann noch Beschwerde zum OVG Rheinland-Pfalz erhoben werden.

In einem ähnlichen Gerichtsverfahren in Bayern vom August 2020 entschied letztlich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zum dortigen Landesrecht, dass private Belange einem solchen Auskunftsbegehren der Presse bezüglich gemeindegenauer Infektionszahlen gerade nicht entgegenstehen (vgl. Meldung vom 20. August 2020).

 

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