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23.04.2009; 14:13 Uhr
Bundesgerichtshof: Abschlusszwang der GEMA gilt nicht unbeschränkt
Verwertungsgesellschaft kann vorrangige berechtigte Interessen entgegenhalten

Die in § 11 Abs. 1 des Urheberwahrnehmungsgesetzes (UrhWG) vorgesehene Pflicht der Verwertungsgesellschaften, »jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen« gilt nicht unbeschränkt, wie der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 22. April 2009 (Az.: I ZR 5/07, Veröffentlichung in ZUM oder ZUM-RD folgt) entschieden hat. Da in Deutschland in der Regel nur eine Verwertungsgesellschaft für eine oder mehrere Arten von Schutzrechten besteht, habe der Abschlusszwang des § 11 UrhWG die Aufgabe, einen Missbrauch dieser Monopolstellung zu verhindern und den Werkzugang zu gewährleisten, so die Karlsruher Richter. Scheidet ein solcher Missbrauch jedoch aus und kann die Verwertungsgesellschaft vorrangige berechtigte eigene Interessen oder Interessen ihrer Mitglieder entgegenhalten, bestehe kein solcher Abschlusszwang.

In dem zugrunde liegenden Fall begehrte die Klägerin von der Verwertungsgesellschaft GEMA die Erteilung einer Lizenz zur Herstellung eines Tonträgers mit Musikstücke des Künstlers Xavier Naidoo, dessen Rechte als Komponist und Textdichter von der GEMA wahrgenommen werden. Die Tonaufnahmen mit Naidoo wurden bereits 1993 angefertigt. Ein Künstlerexklusivvertrag zwischen der Klägerin und Xavier Naidoo sah unter anderem die Einräumung der für die Herstellung eines Tonträgers notwendigen Leistungsschutzrechte vor, war jedoch wegen Übervorteilung des Künstlers sittenwidrig und damit nichtig. Eine gesonderte Einräumung der Leistungsschutzrechte an der Darbietung lehnte Xavier Naidoo ab.

Die GEMA weigerte sich, die notwendigen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Komposition und Liedtext einzuräumen, wurde jedoch in erster Instanz vom LG München I zur Lizenzerteilung verpflichtet. Das OLG München wies die Klage in der Berufungsinstanz mit der Begründung ab, in diesem Einzelfall stünden Interessen des Urhebers der Einräumung von Nutzungsrechten entgegen, da Naidoo bereits die Übertragung der ebenfalls notwendigen Leistungsschutzrechte verweigere (ZUM 2007, 152). Der Bundesgerichtshof bestätigte nun diese Rechtssprechung hinsichtlich möglicher Beschränkungen des Abschlusszwanges gem. § 11 UrhWG.

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