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15.06.2011; 18:40 Uhr
Analyse zur Vorratsdatenspeicherungs-Richtlinie
»Regelungen verstoßen gegen die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens, auf Datenschutz und auf die Berufs- und wirtschaftliche Betätigungsfreiheit«

Das Centrum für Europäische Politik (CEP) hat eine Analyse zur Vorratsdatenspeicherungs-Richtlinie vorgelegt. Die Autoren kritisieren, dass die EU-Kommission an der Richtlinie festhalte, obwohl sie in ihrer eigenen Bewertung (vgl. Meldung vom 19. April 2011) deren Unzulänglichkeiten erkannt habe. Sie habe sogar die Bedenken an der Eignung der Vorratsdatenspeicherung zur Kriminalitätsbekämpfung nicht beseitigen können. Die Aufklärungsquote habe sich in Deutschland infolge der anlasslosen Speicherung nur um 0,006 Prozent verbessert. Dem stehe ein starker Eingriff in die Grundrechte entgegen, aufgrund dessen die Vorratsdatenspeicherung völlig unverhältnismäßig sei. Konkret seien die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens (Art. 7 ChGR), auf Datenschutz (Art. 8 ChGR) und auf die Berufs- und wirtschaftliche Betätigungsfreiheit (Art. 15 und 16 ChGR) betroffen. Im Ergebnis spricht sich das CEP daher für das »Quick Freeze«-Verfahren aus.

Im April hat die Kommission unter anderem Deutschland angemahnt, die Richtlinie umzusetzen. In der nationalen Auseinandersetzung innerhalb der Koalition wird von der CSU eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung favorisiert, während die Bundesjustizministerin jüngst einen Gesetzesentwurf vorgelegt hat, welcher auf dem »Quick Freeze«-Verfahren basiert. In ihrem »Eckpunktepapier zur Sicherung vorhandener Verkehrsdaten« schlägt Leutheusser-Schnarrenberger eine auf § 100 g StPO aufbauende Lösung vor. Materielle Voraussetzung einer polizeilichen oder staatsanwaltschaftlichen Sicherungsanordnung soll danach sein, dass die zu sichernden Verkehrsdaten für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten bei Straftaten von erheblicher Bedeutung (insbesondere die in § 100 a StPO aufgelisteten sowie Kinderpornografie im Netz) erforderlich ist. Die für das »Quick Freeze« zu bestimmende Sicherungsfrist sei so »kurz wie möglich und so lang wie nötig« zu bemessen. Zusätzlich solle bestimmt werden, dass die Sicherungsanordnung nur zulässig ist, wenn nicht bereits bei Erlass voraussehbar ist, dass die Voraussetzungen nach § 100 g StPO nicht eintreten werden.

Auch auf europäischer Ebene, so die Bundesjustizministerin in ihrer Pressemitteilung, wird die Richtlinie derzeit überarbeitet.

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