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22.12.2011; 13:31 Uhr
»Schultrojaner« wird jedenfalls nicht im Jahr 2012 zum Einsatz kommen
Meinungen zur Zukunft der umstrittenen Scansoftware

In der Kultusministerkonferenz (KMK) am 13. Dezember 2011 waren sich die Teilnehmer im Gespräch über den Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG einig, dass die als »Schultrojaner« bekannte Scansoftware »bis auf weiteres, jedenfalls nicht im Jahr 2012, zum Einsatz kommen« werde. Im ersten Quartal 2012 solle ein weiteres Gespräch geführt werden, um mögliche Alternativen zu diskutieren. Die Handlungsfähigkeit der Schulen sowie der Daten- und geistige Eigentumsschutz hätten oberstes Gebot, heißt es in der Pressemitteilung. »Netzpolitik«-Gründer Markus Beckedahl zeigt sich optimistisch. »Ich prophezeie: Auch in 2013 wird es keine Schulwanze in geplanter Form geben«.  Wenn die Lehrer, ihre Verbände und die interessierte Öffentlichkeit samt engagierten Landes-Bildungspolitikern und Datenschützern an dem Thema dran blieben, werde eine Realisierung aus juristischen, technischen und moralischen Gründen nicht geschehen. Der Blog »Pisaversteher« sieht das anders. Dass der Schultrojaner 2012 nicht komme, läge allein an der Tatsache, dass die Software »schlicht noch nicht fertig« sei und nicht an »irgendwelchem Lehreraufbegehren«.

Zum Hintergrund: Der zwischen den 16 Bundesländern und Rechteinhabern (Schulbuchverlage und Verwertungsgesellschaften) geschlossene Rahmenvertrag zu § 53 UrhG ist seit Januar 2011 in Kraft. Im umstrittenen § 6 Abs. 4 des Gesamtvertrages ist vertraglich vereinbart, dass die Verlage den Schulaufwandsträgern und den kommunalen wie privaten Schulträgern auf eigene Kosten eine Plagiatssoftware zur Verfügung stellen, mit welcher digitale Kopien von für den Unterrichtsgebrauch bestimmten Werken identifiziert werden können. Die Länder sollen darauf hinwirken, dass jährlich mindestens 1 % der Speichersysteme der öffentlichen Schulen auf das Vorhandensein von solchen Digitalisaten überprüft werden. Werden Verstöße gegen den Gesamtvertrag bekannt, sollen, unberührt von etwaigen zivil- und strafrechtlichen Ansprüchen der Rechteinhaber, disziplinarische Maßnahmen gegen die betreffenden staatlichen Schulleiter sowie die Lehrkräfte eingeleitet werden. Prof. Rainer Kuhlen kritisiert den Gesamtvertrag: »Wie sollen Schüler für das digitale Zeitalter fit gemacht werden, wenn den Schulen nicht erlaubt ist, den Schülern einer Klasse auch elektronische Materialien zugänglich zu machen?« Eine auf Schulklassen begrenzte elektronische Nutzung sei nicht nur sinnvoll, sondern auch technologisch kontrollierbar (vgl. Meldung vom 2. November 2011).

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