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19.03.2001; 15:23 Uhr
USA: Digitales Fernsehen gebremst vom "Napster-Faktor"
Fernsehsender zögern aus Angst vor Schwarzkopien mit Investitionen in Digitaltechnik

Der weitere Aufbau des digitalen Fernsehens in den USA leidet zunehmend unter der Befürchtung, den Fernsehsender drohe in den digitalen Medien dasselbe Schicksal wie der Musikindustrie: rund um die Uhr aufwändig produzierte digitale Inhalte zu liefern und dann ohnmächtig mitansehen zu müssen, wie sie im Internet mühelos unzählige Male abgespeichert, vervielfältigt und weitergegeben werden. Das ergab eine Anhörung eines Unterausschusses des US-Kongresses am 15.3.2001. Nachdem noch keine zuverlässigen Systeme zur Verfügung stehen, die Kopierschutz und digitales Rechtsmanagement gewährleisten, spielt die Fernsehindustrie deswegen inzwischen mit dem Gedanken, die Fernsehsignale entweder zu verschlüsseln oder mit verringerter Qualität zu senden, um zu verhindern, dass der Endverbraucher hochwertige Aufzeichnungen anfertigen und vervielfältigen kann. Weil dabei auch bisher frei über die Antenne empfangbare Programme verschlüsselt werden sollen, ist dieser Plan unter heftigen Beschuss US-amerikanischer Verbraucherschützer geraten.

Für die US-amerikanische Fernsehbranche rächt sich nun, dass man sich im Jahr 1997 auf einen riskanten Handel mit dem Gesetzgeber eingelassen hat. Der US-Kongress überliess damals den Fernsehsendern im Digital Television Conversion Act kostenlos die Frequenzen für das digitale Fernsehen. Im Gegenzug wurde die Fernsehindustrie aber geetzlich verpflichtet, schon ab dem Jahr 2002 digitale Angebote auszustrahlen - und spätestens im Jahr 2006 die bis dahin für das analoge Fernsehen genutzten Frequenzen zu räumen, damit diese vom Staat gewinnbringend an Mobilfunkunternehmen versteigert werden könnten. Die Fernsehbranche steht also bei der Einführung des digitalen Fernsehens unter erheblichem Zeitdruck.

Die amerikanischen Verbraucher nehmen das digitale Fernsehen bisher nur zögerlich an. Nach Angaben der Consumer Electronics Association (CEA) wurden im Jahr 2000 in den USA 33 Millionen analoge Fernsehgeräte verkauft - und nur rund 650.000 digitale Geräte. Deren Verkaufszahlen seien allerdings zuletzt stark gestiegen. Im Kongress, der die Versteigerungserlöse für die freiwerdenden Lizenzen bereits fest zur Haushaltssanierung verplant hatte, wurden deshalb mittlerweile Forderungen laut, die Hersteller von Fernsehgeräten gesetzlich dazu zu verpflichten, ihre Geräte technisch auf das digitale Fernsehen vorzubereiten. Wegen der damit verbundenen Mehrkosten - im Gespräch ist ein Betrag von bis zu 200 US-Dollarn pro Gerät - ist dieser Vorstoß allerdings bei den Herstellern auf wenig Gegenliebe gestoßen.

Erschwert wird der Aufbau des digitalen Fernsehens auch dadurch, dass die Kabelnetzbetreiber einer Übertragung der digitalen Programme über die Kabelnetze sehr reserviert gegenüber stehen. Während die Fernsehsender darauf drängen, die digitalen Programme müssten in die Kabelnetze eingespeist werden, halten die Kabelnetzbetreiber dagegen, die Verbraucher seien nicht bereit, zu Gunsten einer frequenzraubenden "Doppelausstrahlung" bestehender Programme auf neue, innovative Programme und neue Breitbanddienste zu verzichten. Die Kabelnetzbetreiber erhoffen sich von neuen Breitbanddiensten neue Verdienstmöglichkeiten und verweisen darauf, sie hätten bisher sehr viel mehr in Digitaltechnik investiert als die Fernsehbranche, die jetzt ihr Glück als Trittbrettfahrer versuche.

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