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11.11.2011; 17:44 Uhr
Filmerbe: Kulturausschuss diskutiert mit Sachverständigen zum Thema Archivierung und Digitalisierung
»Jetzt muss gehandelt werden, um unwiederbringliche Verluste bei Filmwerken zu vermeiden«

Der Bundestagsausschuss für Kultur und Medien diskutierte letzte Woche in einem öffentlichen Fachgespräch mit sieben Experten über Verfahren und Strategien, wie der Bund die Sicherung, den Erhalt und die Zugänglichmachung des Filmerbes in Deutschland bewerkstelligen kann. Erklärtes Ziel ist es, das deutsche Filmerbe in seiner Vielfalt einem möglichst breiten Publikum dauerhaft zugänglich zu machen und dabei die Interessen der Filmbranche, der Rechteinhaber und -verwerter, der Filmfördereinrichtungen, Archive und Stiftungen zu berücksichtigen. Nach den Ausführungen der geladenen Experten besteht dringender Handlungsbedarf. Deutschland sei beim Erhalt des audiovisuellen Erbes im europäischen Vergleich inzwischen weit zurückgefallen. Die Einführung der Pflichtregistrierung oder Pflichtabgabe im Rahmen der Novellierung des Bundesarchivgesetzes soll nicht abgewartet werden, darin waren sich die Beteiligten einig.

Regisseur Hans W. Geißendörfer betonte, es müsse nicht sofort ein Medium zur Verfügung stehen, dass die Speicherung für 500 Jahre erlaube, sondern es könnten »auch erst einmal nur 50 Jahre sein«. Jan Fröhlich von CinePostproduction GmbH erklärte, er kenne aktuell kein Speichermedium, dem er seine Daten länger als zehn Jahre anvertrauen würde. Ein herkömmlicher Negativfilm biete eine ganz andere physikalische Sicherheit als digitale Kopien. Aus Kostengründen müsse bei der Digitalisierung des Filmerbes eine Auswahl getroffen werden, sagt Rainer Rother von der Stiftung Deutsche Kinemathek. Schon die Kosten für die Restauration alter Filme liege bei etwa 750.000,00 Euro pro Film, wie Eberhard Junkersdorf von der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung ergänzte. Rother forderte, es müssten allgemein gültige Kriterien für eine solche Auswahl festgelegt werden und stellte gemeinsam mit seinem Kollegen Paul Klimpel die Frage in den Raum, ob es eines »Filmerbe-Gesetzes« bedürfe, um unklare Rechtslagen, die die Digitalisierung behindern könnten - wie zum Beispiel die Ermittlung der Rechteinhaber bei alten Filmen - zu beseitigen.

Die SPD-Bundestagsfraktion forderte die Bundesregierung auf, die Erfahrungen in den europäischen Nachbarländern auszuwerten, um eine nationale Digitalisierungsstrategie zu erarbeiten. Insbesondere der durch das Zusammenfinden von Institutionen des Filmerbes und der Filmwirtschaft, sowie durch den Willen der Politik gekennzeichnete Ansatz der Niederlande, das nationale Filmerbe digital verfügbar zu machen, sei beispielgebend.

Eine rasche Digitalisierung könnte nicht nur die drohenden Verluste von Filmwerken verhindern, sondern auch teilweise Refinanzierungsmöglichkeiten durch neue Geschäftsmodelle bieten. Kulturstaatsminister Neumann ist aufgefordert, Initiative zu ergreifen und sich mit allen Beteiligten an einen Tisch zu setzen, um gemeinsam Lösungen für die technischen, urheberrechtlichen und Finanzierungsfragen zu finden.

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