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05.09.2005; 11:56 Uhr
Verlag klagt gegen Verbot von Biller-Roman vor Bundesverfassungsgericht
Verbot bedeutet »eine allgemeine Einschränkung des künstlerischen Ausdrucks«

Der Verlag Kiepenheuer & Witsch hat einer Pressemitteilung des Verlags vom 31.8.2005 zufolge gegen das gerichtliche Verbot der geschwärzten Fassung des stark autobiografisch geprägten Romans »Esra« von Maxim Biller in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde eingelegt. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.6.2005 (Az.: VI ZR 122/04 - Veröffentlichung folgt in ZUM Heft 10) darf das Buch nicht veröffentlicht, vertrieben oder beworben werden. Damit bestätigten die Karlsruher Richter die vorinstanzlichen Entscheidungen (OLG Az.: 18 U 4890/03 - unveröffentlicht ; LG München I ZUM 2004, 234 ff.). Nach Ansicht des Gerichts verletzt auch die geschwärzte Romanversion die Persönlichkeitsrechte der Ex-Freundin Billers und ihrer Mutter. Der Kölner Verlag sieht in der Entscheidung dagegen eine »fehlerhafte Abwägung der Kunstfreiheit mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht«.

Der umstrittene Roman beschreibt das Scheitern der Liebesbeziehung eines jungen Schriftstellers namens »Adam« zu einem Mädchen mit dem Namen »Esra«. Dem Buch zu Grunde liegt unstrittig eine eineinhalbjährige Beziehung Billers mit einer Münchener Schauspielerin. Die Romanheldin ist Filmpreisträgerin wie die ehemalige Geliebte des Autors, deren Mutter wie in der Wirklichkeit Trägerin des so genannten »alternativen Nobelpreises« und in dritter Ehe verheiratet ist. Der Auffassung der Richter zufolge sind die Klägerinnen für weite Kreise trotz der nach dem einstweiligen Verfahren vorgenommenen Schwärzungen erkennbar. Die Verletzung der Persönlichkeitsrechte wiege in diesem Fall schwerer als die Kunstfreiheit.

Dagegen argumentiert nun der Verlag, dass der Beurteilung der Erkennbarkeit der Klägerinnen ein unrichtiger, nicht werkgerechter Maßstab zugrunde gelegt worden sei, wobei die Trennlinie zwischen den Schutzbereichen der kollidierenden Grundrechte unscharf gezogen worden sei. Außerdem werden die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, des allgemeinen Willkürverbots und des Grundrechts auf rechtliches Gehör gerügt. Für den Verlag bedeuten die Verbotsurteile »eine allgemeine Einschränkung der Freiheit des künstlerischen Ausdrucks bedeuten, die alle Schriftsteller und literarische Verlage dieses Landes bedroht«.

Sollte das Bundesverfassungsgericht das Verbot kippen, ginge der Prozess in eine neue Runde.

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