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13.01.2011; 17:00 Uhr
Digitale Agenda: »Ausschuss der Weisen« will Google eine 7-Jahres Schutzfrist für »Google Books«-Digitalisate geben
Bericht enthält außerdem acht Grundbedingungen für eine EU-Regelung der »verwaisten Werke«

Der Ausschuss der Weisen (Comité des Sages, CDS), ein im April 2010 von der EU-Kommission im Rahmen der »Digitalen Agenda für Europa« eingesetztes Komitee, hat am Montag der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Neelie Kroes, und der Bildungs- und Kultur-Kommissarin Androulla Vassiliou seinen Bericht zum Stand der Digitalisierung in Europa überreicht. Ziel der »Digitalen Agenda für Europa« ist es, Kultureinrichtungen den Übergang ins digitale Zeitalter zu erleichtern. Zentrale Forderung des CDS ist der Ausbau der europäischen Bibliothek »Europeana«. Die Mitgliedstaaten sollen alle von ihnen digitalisierten Werke, vor allem die Meisterwerke bis 2016 dem Portal zur Verfügung stellen.

Im Kapitel »Public-Private Partnerships for Digitisation Opportunities, Challenges and Pitfalls« schlägt das Komitee eine Exklusivitätsfrist von maximal sieben Jahren für Privatunternehmen vor, die Digitalisierungen vornehmen (womit vor allem Google gemeint ist). Diese Frist wird als ausreichend erachtet, damit einerseits die Unternehmen ihre Investitionen ohne Gefährdung durch Trittbrettfahrer wieder einspielen können und andererseits keine Monopole entstehen.

Der Bericht (Titel: »Die neue Renaissance«) zeigt zudem acht Grundbedingungen für die Lösung des Problems der »verwaisten Werke« auf (Kapitel 9, 9.3.6). Unter anderem regen die »Weisen« eine einheitliche Regelung für alle EU-Mitgliedstaaten an, die für alle Sektoren gelten müsse (Audio, Video, Audio-Video und Text). »Verwaiste Werke« müssten von allen Mitgliedstaaten gegenseitig anerkannt werden. Für den Fall, dass die Rechteinhaber wieder auftauchen, müsste die Regelung eine Vergütung vorsehen, die nicht nur für kommerzielle, sondern auch für die nicht-kommerzielle Nutzung (in diesem Fall einmalige Zahlung) gilt. Die Kosten der Suche nach Rechteinhabern müsse in einem angemessenen Verhältnis zum kommerziellen Wert der Werke stehen.

Für Deutschland hat die SPD-Bundestagsfraktion im letzten November einen Regelungsvorschlag zum Umgang mit »verwaisten Werken« gemacht (vgl. Meldung vom 6. Dezember 2010). Wie Prof. Dr. Rainer Kuhlen vom Aktionsbündnis Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft mitteilt, gelten in Europa 13 Prozent der Bücher, 30 bis 50 Prozent der audiovisuellen Werke und bis zu 90 Prozent der urheberrechtlich geschützten Fotografien als verwaist. Er kritisiert, dass die Vorgaben für die »sorgfältige Suche« im SPD-Entwurf sehr streng seien. Es sei fraglich, ob »die gewünschte Massendigitalisierung so zu erreichen ist«. Der vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels, den Verbänden und Verwertungsgesellschaften angekündigte »realistische Suchplan« stünde noch aus. Das Aktionsbündnis schlägt dagegen vor, dass die Nutzung von »verwaisten Werken« zulässig sein soll, wenn sich im Rahmen einer »dokumentierten Standardsuche« oder nach Ablauf einer 30-Tagesfrist ab Bekanntmachung der Nutzung kein Rechtsinhaber gemeldet hat.

 

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