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11.07.2001; 16:53 Uhr
Schibsted stellt kostenlose Tageszeitung "20 Minuten Köln" ein
"Macht wirtschaftlich keinen Sinn mehr" - Springer und Domont ziehen nach

Der norwegische Verlag Schibsted stellt die kostenlos vertriebene Tageszeitung 20 Minuten Köln ein. Rund eineinhalb Jahre nach der Markteinführung erschien am 11.7.2001 die vorerst letzte Ausgabe des Gratisblattes. Ein Sprecher des Verlages, Ekkehard Kuppel, erklärte dazu am 10.7.2001 in Köln gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa), das Vorhaben mache "wirtschaftlich keinen Sinn" mehr. Kurz darauf kündigten auch die Verlage Dumont Schauberg (Dumont-Verlag) und Axel Springer (Springer-Verlag) an, ihre Gratiszeitungen Kölner Morgen und Köln extra aufzugeben. Die beiden Verlage hatten mit den Blättern versucht, Schibsted mit dessen eigenen Waffen zu schlagen, nachdem ein gerichtliches Vorgehen gegen den norwegischen Mitbewerber ohne Erfolg geblieben war. Mit dem Aus für 20 Minuten Köln geht der sogenannte "Kölner Zeitungskrieg" zu Ende, während dem in der Domstadt vorübergehend kostenlose Tageszeitungen mit einer Gesamtauflage von mehr als 300.000 Stück angeboten worden waren.

Wegen der Gratiszeitung ist zur Zeit noch ein Rechtsstreit am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe anhängig. Der Dumont-Verlag hatte Ende Juni 2001 Revision eingelegt, nachdem er vor dem Landgericht (LG) und dem Oberlandesgericht (OLG) mit seiner Forderung erfolglos geblieben war, dem Schibsted-Verlag den Vetrieb von 20 Minuten Köln zu untersagen. Nach Auffassung des Dumont-Verlags verstößt der Vertrieb der Zeitung gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), weil er zu einer erheblichen Störung des Kölner Zeitungsmarktes führe. Schibsted gefährde durch sein Marktverhalten auf lange Sicht die Pressefreiheit in der Domstadt. Das OLG hatte sich dieser Auffassung nicht angeschlossen. Von Wettbewerbswidrigkeit könne man nur sprechen, wenn zur kostenlosen Abgabe von Leistungen Umstände hinzuträten, die die Unlauterkeit des Verhaltens begründeten. Darlegungs- und beweisbelastet sei soweit der klagende Verlag, der entsprechende Umstände aber nicht dargetan hätte.

Die deutschen Zeitungsverleger begrüßten die Einstellung von 20 Minuten Köln. Der Sprecher des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Hans-Joachim Fuhrmann, erklärte gegenüber dpa, er sei zuversichtlich, dass das Thema Gratiszeitungen in Deutschland mit der Entscheidung "fürs Erste erledigt" sei. Der Rückzug des Schibsted-Verlages sei ein wichtiges Signal gegen entsprechende Vorhaben in anderen deutschen Großstädten. Es habe sich gezeigt, dass es in Deutschland wegen der starken Bindung der Leser an ihre gewohnten Zeitungen und wegen Schwierigkeiten beim Vertrieb nicht leicht sei, ein neues Blatt auf den Mark zu bringen. Fuhrmann meinte, eine gewisse Genugtuung über die Entwicklung könne man nicht verhehlen.

Nicht betroffen von der Entscheidung ist das Engagement von Schibsted in der Schweiz. Die Ausgaben von 20 Minuten in Zürich, Basel und Bern sollen auch in Zukunft erscheinen. Der Verlag will in Zukunft aber in anderen europäischen Ländern als Deutschland wachsen. Auch eine Rückkehr auf den deutschen Markt schließend die Norweger nicht aus. Damit eine kostenlose Tageszeitung in Deutschland Sinn mache, müsse sie allerdings in acht bis zehn deutschen Städten erscheinen, wurde ein Sprecher des Verlages in der letzten Ausgabe von 20 Minuten Köln zitiert. Für ein solches Vorhaben seien Ausgaben von rund 100 Millionen und mehrere deutsche Partner erforderlich.

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