mobiles Menü Institut für Urheber- und Medienrecht
24.10.2006; 11:03 Uhr
Neue Verbreitungsformen für Fernsehen - rechtlich erfassbar?
Symposionsteilnehmer beleuchten urheber- und rundfunkrechtliche Problemstellungen

Den neuen Verbreitungsformen für das Fernsehen und deren rechtliche Einordnung widmete sich das diesjährige Symposion des Instituts für Urheber- und Medienrecht im Rahmen der Medientage München am 20.10.2006. Dabei gaben Rechtsanwalt Kai Flatau, Medienberater aus Hamburg, und Henrik Rinnert von der Mobiles Fernsehen Deutschland GmbH (MFD) zunächst einen Überblick über die technischen und ökonomischen Rahmenbedingungen von IP-basiertem Fernsehen (IPTV) und Mobile TV. Beide kamen zu dem Schluss, dass die neuen digitalen Übertragungswege insbesondere kleineren und mittleren Radio- und Fernsehsendern Chancen für größere Verbreitung und mithin für mehr Vielfalt böten. Ihrer Ansicht nach sollte aber damit eine (Grund)Verschlüsselung einhergehen, da so Angebote wirtschaftlicher würden und zudem eine territorial begrenzte Ausstrahlung von Programmen erfolgen könne, wie Flatau hinzufügte. Im Mobile-Bereich kündigte Rinnert neben der Sendung von traditionellen Programmen auch die Entwicklung neuer nutzergenerierter Angebote an, dem Modell von »YouTube« ähnlich.

Mit Blick auf die medienrechtlichen Konsequenzen von »Handy-TV« hielt Rechtsanwalt Dr. Stephan Ory als Ergebnis der Regional Radiocommunication Conference 2006 (RRC 06) zur internationalen Festlegung der digitalen Frequenznutzung fest, dass bei der Vergabe von Frequenzen zukünftig durchaus Handlungsspielraum bestehen werde. Dementsprechend sei der bisherige Regulierungsansatz »Frequenzknappheit« nicht mehr gerechtfertigt, vielmehr müsse nach Orys Ansicht ein Gesamtkonzept für den Umgang mit Frequenzbedarfanmeldungen erarbeitet werden, vergleichbar einer medienrechtlichen Infrastrukturplanung. In urheberrechtlicher Sicht sei Mobile TV nicht als unbekannte Nutzungsart einzuordnen, da Kriterien wie Bildschirmgröße, Frequenzbereich oder Nutzung verschiedener Übertragunsprotokolle (DVB oder IP) bzw. Nutzungsweisen (stationär-mobil) sich nicht als tauglich erwiesen, um eine selbstständige und abgrenzbare Art der Auswertung bejahen zu können. Jedoch unterfalle Ory zufolge das Mobile TV-Angebot dem Verwertungsrecht der Kabelweitersendung nach § 20b UrhG, da entscheidend sei, dass es sich um ein Weitersendung von Programmen handele.

Zu der gleichen urheberrechtlichen Einordnung unter § 20b UrhG kam Rechtsanwalt Alexander von Vultée von der Deutschen Telekom AG/T-Com, T-Online, für das IPTV-Angebot. Bei den einzelnen Tatbestandsmerkmalen der Vorschrift sei in Grenzfällen immer danach zu fragen, ob eventuelle Eingriffe in den Weitersendungsprozess im Einflussbereich der Kabelnetzbetreiber oder der Nutzer erfolgten. Letzteres bejahte er aber gerade bei Time Shift- oder Bild-in Bild-Funktionen. Auch könne IPTV nicht als unbekannte Nutzungsart eingeordnet werden, da sich letztlich das Nutzungsverhalten der Endverbraucher nicht entscheidend verändere. Schließlich drang von Vultée darauf, die in § 20b Abs. 2 Satz 1 UrhG vorgesehene, seiner Ansicht nach unangemessene und auch systemwidrige Doppelvergütung von Urhebern abzuschaffen. Vielmehr seien die in §§ 32, 32a UrhG vorgesehenen Ansprüche auf angemessene Vergütung und deren nachträgliche Anpassung ausreichend. Dieser Sichtweise schloss sich Viktor Janik, Unity Media für den Bereich der Kabelnetzbetreiber an, was jedoch bei Prof. Dr. Ferdinand Melichar, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der VG Wort, auf heftigen Widerstand stieß. Letzterer verwies dabei auf die dem § 20b UrhG ähnliche Regelung in § 27 UrhG, was nicht auf Systemwidrigkeit, sondern vielmehr auf einen modernen Ansatz hindeute. Einen weiteren Kritikpunkt im Zusammenhang mit der Digitalisierung sah Janik in den geltenden must carry-Bestimmungen des RStV, die sich zum einen zu einer mit Blick auf Art. 12, 14 GG bedenklichen Lizenzentgeltverpflichtung entwickelt hätten. Zum anderen würden dadurch Kabelnetzbetreiber gegenüber dem Satellitenübertragungsweg benachteiligt.

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  • Die Vorträge der Referenten und ein Diskussionbericht zur Veranstaltung erscheinen demnächst in der ZUM

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