mobiles Menü Institut für Urheber- und Medienrecht
15.02.2011; 20:10 Uhr
Abmahnungen gegen »Commentarist.de« wegen Urheber-, Marken- und Wettbewerbsrechtsverstößen
Dienst bereitet Pressekommentare in Snippetform auf und verlinkt die Originalartikel

Der Dienst »Commentarist« ist vorerst geschlossen. Wie »Spiegel Online« berichtet, gingen Abmahnungen großer Verlagshäuser bei dem Start-up ein. Geltend gemacht werden Verstöße gegen das Urheber-, Marken- und Wettbewerbsrecht. Die Seite enthielt »Snippets« von Meinungsartikeln aus 16 Nachrichtenportalen nebst Link auf die Originalartikel (»Deep Links«). Die Beiträge waren nach Themen sortiert angezeigt. Nach Auffassung von »Commentarist«-Gründer Eric Hauch konnten sie aufgrund ihrer Kürze die Argumentation des Kommentars nicht ersetzen und beschränkten sich daher auf eine Verweisfunktion: »Wir leiten einen extrem hohen Prozentsatz unserer Leser direkt an die entsprechenden Quellen weiter und wir machen Leser auf Kommentare aufmerksam, die sie vorher noch nicht kannten«. Hauch sieht großen Bedarf für einen Dienst, der das »einfache Auffinden & Vergleichen von journalistischen Kommentaren erlaubt«, was auch der große Ansturm auf »Commentarist« belege.

Der »Spiegel« hält »Commentarist« angesichts der »Paperboy«-Entscheidung des BGH für unbedenklich. Auch bei »paperboy.de« erscheinen thematisch sortierte Nachrichten-»Snippets«. Per Klick auf die Schlagzeile erreicht der Nutzer direkt den Originalartikel, ohne auf die Hauptseite des Portals zu gelangen. Der BGH sah in diesen »Deep Links« lediglich Hilfestellungen zu einem legitimen Verhalten, nämlich dem Aufrufen von frei zugänglichen Webseiten (vgl. Meldung vom 21. Juli 2003). In einem aktuellen Urteil entschieden die Karlsruher Richter darüber hinaus zur Zulässigkeit von »Deep Links«, mit denen per »Session-ID« geschützte Inhalte zugänglich gemacht werden. Bei »Session-IDs« ist ein Abruf der jeweiligen Angebote nur nach Erteilung eines Zugangs für die jeweilige Sitzung von der Hauptseite aus möglich. Der BGH sieht darin technische Schutzmaßnahmen i.S.v. § 95 a UrhG, deren Umgehung via »Deep Link« unzulässig ist.

In dem von »Spiegel Online« als Referenz angeführten »Perlentaucher«-Fall muss jetzt das OLG Frankfurt am Main im Rahmen der freien Benutzung klären, ob es sich bei den »Abstracts« um selbstständige Werke handelt (vgl. Meldung vom 1. Dezember 2011). Im Unterschied zu den Einträgen in »Commentarist«, die Suchmaschinenergebnissen ähneln, sind diese »Abstracts« selbst geschriebene Zusammenfassungen von Artikeln, die jedoch zum Teil die konkrete sprachliche Gestaltung der Originale übernehmen.

Die Gegner des Leistungsschutzrechtes für Presseverleger berufen sich ebenfalls auf die genannte »Paperboy«-Entscheidung sowie auf das Urteil des BGH zur Google-Bildersuche (vgl. die Stellungnahme des Google-Justiziars Dr. Arnd Haller in der Meldung vom 5. August 2010.

 

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