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10.12.2012; 11:01 Uhr
Google beantragt Abweisung der Milliardenklage von Viacom wegen illegal online gestellter Videos auf Youtube
Viacom soll nun die Rechtsverletzungen durch die Beklagten beweisen

Wie US-Medien berichten, hat die Beklagtenseite im Rechtsstreit um Urheberrechtsverletzungen auf Googles Videoplattform YouTube letzten Freitag bei Gericht beantragt, die von Viacom eingereichte Klage im Wege des sogenannten »summary judgement«-Verfahrens abzuweisen. Hierbei handelt es sich um ein abgekürztes Verfahren, bei dem es zu einer Entscheidung in der Hauptsache kommt, ohne dass eine Jury einberufen wird oder es zur Hauptverhandlung kommt. Ein solches Verfahren kommt in Betracht, wenn nach Ansicht des Gerichts keine gravierenden Tatsachenfragen mehr bestehen. Statt einer Jury beurteilen hier Geschworene.

In dem seit 2007 andauernden Rechtsstreit hatte das Medienkonglomerat Viacom, zu dem auch das Filmstudio Paramount gehört, Google sowie die Tochter YouTube wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen auf eine Milliarde US-Dollar Schadensersatz verklagt. Viacom wirft den Beklagten vor, keine proaktiven Schritte zur Beschränkung von rund 160.000 rechtswidrig bei YouTube eingestellten Clips aus dem Programm von Viacom durchgeführt zu haben. Die Clips seien bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung mehr als 1,4 Milliarden mal abgerufen worden (vgl. Meldung vom 14. März 2007). YouTube dagegen bestreitet die Urheberrechtsverletzungen, da das Unternehmen die Inhalte lösche, sobald es von Inhabern der Urheberrechte auf verstöße hingewiesen werde. 

Nachdem die Klage in erster Instanz zugunsten der Beklagten entschieden wurde, hatte das Berufungsgericht die Entscheidung verworfen (vgl. Meldung vom 10. April 2012). Konkret geht es um die Frage, ob sich YouTube auf die »safe harbour«-Haftungsbeschränkungen nach Section 512(c) des »Digital Millenium Copyright Act« berufen darf. Danach haften Service-Provider nicht für die von ihren Kunden rechtswidrig bereitgestellten Werke, wenn sie bestimmte Formalien einhalten. Nach Ansicht von Louis Stanton, Richter des erstinstanzlichen Bundesgerichts des Southern District of New York, war dies zu bejahen (vgl. Meldung vom 28. Juni 2010). YouTube habe nach Benachrichtigung der Rechteinhaber entsprechende Maßnahmen zur Entfernung der Inhalte ergriffen. Plattformbetreiber müssen nach seinem Urteil Kenntnis von konkreten, bestimmbaren Rechtsverletzungen (»specific and identifiable infringements«) haben. Dies sei der Fall bei entsprechenden Benachrichtigungen durch die Rechteinhaber, oder wenn Rechtsverletzungen für Anbieter offensichtlich sind (»red flag«). Ein generelles Bewusstsein weit verbreiteter rechtswidriger Nutzung reiche nicht aus. Anders beurteilte dies das Berufungsgericht und verwarf das zugunsten von YouTube ergangene Urteil aus dem Jahr 2010 (Urteil vom 5. April 2012, pdf-Datei). Zwar ging das Berufungsgericht auch davon aus, dass ISPs Kenntnis konkreter Verletzungsfälle haben müssen. Aufgrund der Annahme, dass zu bestimmten Zeitpunkten 75 bis 80 Prozent des bei YouTube eingestellten Materials illegal war, ging das Gericht allerdings davon aus, dass sich die Beklagten der Illegalität eines Großteils der Inhalte bewusst waren. Um abschließend zu klären, ob YouTube eventuell auch ohne die Benachrichtigungen der Rechteinhaber Kenntnis von den Rechtsverletzungen gehabt habe, müsse der Fall weiter verhandelt werden.

Der Antrag, den die Beklagten nun bei dem Gericht erster Instanz eingereicht haben, wurde dem »Hollywoodreporter« zufolge nicht veröffentlicht. Nach Angaben des Branchenmagazins argumentieren die Beklagten, dass Viacom die Kenntnis hinsichtlich jedes einzelnen in Frage stehenden Clips zu beweisen hat und zwar dahingehend, dass ein Mitarbeiter von YouTube den Clip tatsächlich gesehen hat, den urheberrechtlichen Inhalt als solchen von Viacom erkannt hat, davon ausgegangen ist, dass Viacom diesen nicht eingestellt hat, es sich nicht um »fair use« (Schranke gem. § 107 des US-Copyright Act) oder »de minimus use« (Bagatellschwelle nicht erreicht) handelt und dass YouTube den Clip dann nicht sofort entfernt hat. Der Aufforderung des Gerichts, den Antrag von Google durch Beweise für die Kenntnis bzw. das Bewusstsein konkreter Rechtsverletzungen zu ergänzen, kam Google mit einem 1373 Seiten umfassenden Schriftstück nach. Wie in dem Artikel des »Hollywoodreporter« dargestellt, führt Google hier seitenweise in einer Tabelle URLs jedes streitgegenständlichen Clips an. In der Tabelle ist außerdem eine Spalte mit dem Titel »Viacoms Beweise für YouTubes Kenntnis bzw. Bewusstsein hinsichtlich der jeden Clip betreffenden Urheberrechtsverletzung und für die nicht darauffolgende sofortige Entfernung des Clips«. Diese Spalte wurde durchgehend leer belassen. 

Google hat YouTube 2006 für 1,65 Mrd. US-Dollar erworben. Laut Angaben von Google hatte Viacom ebenfalls Interesse an dem Kauf der Videoplattform gezeigt und verschiedene Videos eingestellt um sein Programm zu bewerben. In dem Antrag fordert Google einem Bericht der »Businessweek« zufolge, Viacom müsse beweisen, dass diese Videos nicht Teil der von Google aufgelisteten streitgegenständlichen Videos sind.

Dokumente:

[IUM/kr]

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