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03.12.2007; 15:00 Uhr
DJV gegen »Staatsfunk« des Bundestages
Noch keine Klarheit über Inhalt und Umfang eines vom Bundestag angedachten TV-Kanals

Die »große Sympathie« des Ältestenrats des Deutschen Bundestages für einen parlamentseigenen Fernsehkanal stößt auf Vorbehalte. Als überflüssig bezeichnete Michael Konken, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), ein solches Vorhaben, da sich zum einen das duale System des Rundfunks bewährt habe. Zum anderen verstoße ein solcher Kanal aber auch gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Staatsferne des Rundfunks: »Hier würde das Parlament sein eigenes Fernsehprogramm machen - mit der Gefahr der tendenziellen Berichterstattung je nach herrschenden Mehrheitsverhältnissen«, so Konken am 3.12.2007. Nach Angaben des DJV soll in dem Programm nicht nur das Geschehen aus dem Plenum und der Ausschüsse übertragen werden, sondern auch von der Bundestagsverwaltung verantwortete Interviews, Streitgespräche und politische Talkshows eingebaut werden.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hatte laut der »Netzeitung« vom 30.11.2007 das Projekt für einen eigenen via Kabel und Satellit zu verbreitenden Digital-Sender am Tag zuvor dem Ältestenrat der Volksvertretung vorgelegt, eine Entscheidung sei aber noch nicht getroffen. Bereits in den Wochen zuvor hieß es, den Kanal der Öffentlichkeitsarbeit zuzurechnen, womit das Problem einer möglichen rundfunkrechtlichen Lizenz gelöst werden sollte. Letzteres dürfte aber vor allem dann nicht so einfach sein, wenn neben der Live-Ausstrahlung auch eine redaktionelle Begleitung des Geschehens erfolgen soll wie vom DJV berichtet. Der »Netzeitung« zufolge hat die Bundestagsverwaltung bereits vor einem Jahr bei der zuständigen Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) eine Lizenz für die unverschlüsselte Ausstrahlung über Satellit und Kabel beantragt. Eine Entscheidung hierüber ist aber noch nicht ergangen.

Eine reine Übertragung halten laut der »Netzeitung« Reinhard Grindel (CDU) und Hans-Joachim Otto (FDP) für wenig sinnvoll, wobei letzterer dann aber ebenso die Gefahr eines »Staatsfernsehens« mit den damit verbundenen verfassungsrechtlichen Implikationen sieht. Demgegenüber plädierte laut »Netzeitung« der SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber, gleich ganz auf das Internet zu setzen. Sollte er jedoch meinen, damit dieses Problem elegant umgehen zu können, lässt er außer Acht, dass seit dem 9. Rundfunkänderungsstaatsvertrag nicht mehr der Übertragungsweg, sondern der Inhalt darüber entscheidet, ob ein Angebot als Rundfunk gilt oder nicht.

Dokumente:

Institutionen:

Zu diesem Thema:

  • Einige Aspekte zur Auswirkung des Gebots der Staatsfreiheit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, Aufsatz von Georg Schneider-Freyermuth, Leipzig, ZUM 2000, 564-571
[IUM/hl]

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