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04.02.2009; 18:15 Uhr
Urteilsgründe zur »Sound-Sampling«-Entscheidung des BGH veröffentlicht
Freie Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG schränkt auch Rechte des Tonträgerherstellers ein

Nachdem der Bundesgerichtshof in der vergangenen Woche die Urteilsgründe zu »Klingeltönen für Mobiltelefone« veröffentlicht hat (vgl. Meldung vom 3. Februar 2009), liegt nun auch der Volltext der »Metall auf Metall«-Entscheidung vor, in der sich der BGH zur Zulässigkeit des sog. »Sound-Samplings« äußert. Gegenstand des Rechtsstreits ist die Entnahme einer zweisekündigen Rythmussequenz aus dem Musikstück »Metall auf Metall« der Gruppe Kraftwerk, mit der das Lied »Nur mir« von Sabrina Setlur in fortlaufender Wiederholung unterlegt wurde (vgl. Meldung vom 20. November 2008).

In dem Urteil vom 20. November 2008 (Az.: I ZR 112/06, Veröffentlichung in ZUM folgt) führt das Gericht aus, dass bereits die Übernahme kleinster Teile einer Tonaufnahme die Rechte des Tonträgerherstellers aus § 85 UrhG verletzen könne. Bei dieser Bewertung seien Qualität und Quantität der entnommenen Töne jedoch - anders als von Berufungsgericht angenommen - keine tauglichen Kriterien, da die Leistungsschutzrechte des Tonträgerherstellers unabhängig davon bestünden und es hierfür keine Voraussetzungen wie etwa eine Schöpfungshöhe gebe. Ebenso wenig kommt es auf die sich aus der Übernahme ergebenden Konsequenzen für die Absatzzahlen des Originals und der neuen Tonaufnahme an. Darüber hinaus lehnte der BGH eine generelle Zulässigkeit einer Übernahme kleiner Teile einer Tonaufnahme auch mit der Begründung ab, dass ein Produzent nicht daran gehindert sei, Töne und Klänge selbst einzuspielen. Schließlich werde durch § 85 UrhG nur die konkrete Aufnahme und damit die wirtschaftliche, organisatorische und technische Leistung des Tonträgerherstellers geschützt. Auch aus dem Umstand, dass »Sampling« wesentlicher Baustein moderner Musikproduktionen geworden ist, könne kein Verzicht auf das Einwilligungserfordernis des Leistungsschutzberechtigten hergeleitet werden.

Somit könne zwar in der Übernahme nur weniger Töne eine Verletzung des Leistungsschutzrechtes des Tonträgerherstellers zu sehen sein. Dabei sei jedoch die Schrankenbestimmung der »freien Benutzung« nach § 24 Abs. 1 UrhG zu berücksichtigen. Während § 24 UrhG grundsätzlich nur für Werke im Sinne von § 2 UrhG gilt und somit für Tonträger auch nach der Verweisungsnorm des § 85 Abs. 4 UrhG nicht anwendbar ist, verwies der BGH auf Sinn und Zweck der Vorschrift (kulturelle Fortentwicklung) und wendete § 24 Abs. 1 UrhG daher im vorliegenden Fall entsprechend an. Gleichzeitig legten die Richter Umstände fest, unter denen eine Anwendung von § 24 Abs. 1 UrhG auf Tonträger ausgeschlossen sei: Zum einen in Fällen, in denen die bestreffenden Töne selbst eingespielt werden können und damit der kulturellen Fortentwicklung nicht im Wege stehen. Zum anderen dürfe gem. § 24 Abs. 2 UrhG keine erkennbare Melodie übernommen werden. Insoweit gelte die Grenze des Urheberrechts an der Komposition auch für den Tonträger. Im Übrigen seien für die Anwendung des § 24 Abs. 1 UrhG bei der Benutzung fremder Tonträger die gleichen Kriterien zugrundezulegen, wie bei der Anwendung auf urheberrechtlich geschützte Werke, so dass maßgeblich sei, ob ein selbständiges Werk geschaffen wird. Entsprechend der »Verblassenstheorie« müsse hier geprüft werden, ob ein ausreichender Abstand zu den entnommenen Tonfolgen eingehalten werde, so dass das neue Werk seinem Wesen nach als selbständig anzusehen sei. Im konkreten Fall habe das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung die Aspekte von § 24 Abs. 1 UrhG außer Acht gelassen. Aus diesem Grund verwies der Bundesgerichtshof die Sache zurück, damit geprüft wird, ob in der Verwendung der Sequenz eine solche »freie Benutzung« zu sehen ist.

 

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