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19.05.2016; 13:11 Uhr
LG Hamburg: Teile des Schmähgedichts von Böhmermann wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung verboten
LG Hamburg erlässt einstweilige Verfügung auf Antrag des türkischen Präsidenten Erdoğan

Nach einer Pressemitteilung des Landgericht (LG) Hamburg hat das Gericht dem Fernsehmoderator Jan Böhmermann auf Antrag des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan im Wege einer einstweiligen Verfügung untersagt, große Teile seines als „Schmähkritik“ betitelten Gedichts zu wiederholen (Beschl. v. 17.05.2016 – 324 O 255/16, Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt).

Erdoğan hatte wegen des von Böhmermann in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ am 31.03.2016 vorgetragen Gedichts vor dem LG Hamburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt.

Das Gericht hat daraufhin eine Abwägung zwischen der Kunst- und Meinungsfreiheit Böhmermanns und dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht Erdoğans vorgenommen. Das Gedicht sei als Satire einzustufen, der Übertreibungen und Verzerrungen wesenseigen seien. Weiterhin trage Erdoğan als türkisches Staatsoberhaupt politische Verantwortung, sodass auch harsche Kritik an seinen politischen Entscheidungen zulässig sei. Satire finde jedoch dort eine Grenze, wo es sich um reine Schmähung oder Formalbeleidigung handle bzw. die Menschenwürde betroffen sei.

Nach Auffassung des Gerichts seien diejenigen Teile des Gedichts nicht mehr von der Kunst- und Meinungsfreiheit gedeckt, die rassistische, religiöse und sexuelle Schmähungen enthielten. Die wenigen Passagen, die sich mit aktuellen politischen Vorgängen in der Türkei auseinandersetzen, seien jedoch zulässig.

Die Entscheidung des LG Hamburg ist noch nicht rechtskräftig.

Das LG Köln hatte jüngst einen Antrag Erdoğans auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Vorstandsvorsitzenden des Springer-Verlags Mathias Döpfner zurückgewiesen (Beschl. v. 10.05.2016 – 28 O 126/16). Döpfner hatte in einem offenen Brief in der Zeitung „Die Welt“ das Gedicht Böhmermanns als gelungen bezeichnet und sich diesem inhaltlich angeschlossen. Unabhängig von der Frage, ob das Gedicht selbst zulässig sei, seien die Äußerungen Döpfners nach dem LG Köln jedoch von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Auch die Entscheidung des LG Köln ist noch nicht rechtskräftig.

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