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18.02.2010; 11:27 Uhr
Reaktionen auf die Ausfertigung des Zugangserschwerungsgesetzes
Verbände und Fraktionen fordern schnelle Aufhebung

Auf die gestrige Unterzeichnung des Zugangserschwerungsgesetzes durch Bundespräsident Horst Köhler haben Verbände und einige Bundestagsfraktionen die Aufhebung des Gesetzes gefordert und Vorschläge für eine Neuregelung unterbreitet.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) erklärt, es sei »mit den Prinzipien des Rechtsstaats schwer vereinbar, dass das Bundeskriminalamt ohne wirksame Kontrolle Sperrlisten erstelle, die von den Providern unverzüglich umgesetzt werden müssten«. Außerdem dürften Journalisten, die bei der Recherche auf Webseiten mit Kinderpornographie klicken, mit Blick auf die Pressefreiheit nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Der DJV-Bundesvorsitzende, Michael Konken sprach sich daher für die Löschung von Seiten mit strafbaren Inhalten aus. Dabei müsse eine wirksame Kontrolle der beauftragten Behörden nach rechtsstaatlichen Prinzipien Bestandteil des Gesetzes werden.

Für eine umgehende Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes spricht sich der Verband der deutschen Internetwirtschaft, eco, aus. Nur so könne ein Neuanfang bei der Bekämpfung von Kinderpornographie gelingen. Die Internetwirtschaft werde dies mit allen Kräften unterstützen.

Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer, Präsident des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM), fordert ebenfalls eine Aufhebung des gestern vom Bundespräsidenten unterzeichneten Gesetzes. Für eine Neuregelung sei eine »gemeinsame Strategie von Bund und Ländern nötig, zu der die Löschung von kinderpornographischen Inhalten, eine effektivere Ermittlungsarbeit und Täterverfolgung sowie ein umfassender Opferschutz gehörten«.

In seiner Stellungnahme kritisiert der Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur (AK Zensur), das Zugangserschwerungsgesetz verpflichte Zugangsanbieter, allgemeine Techniken zur Filterung von Web-Inhalten bereit zu stellen, so wie es in Saudi-Arabien und China geschehe und kündigt an, eine Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz vorzubereiten.

Die Linksfraktion im Bundestag appelliert an die Internetprovider, »die Zensurinfrastruktur jetzt nicht anzuwerfen« und bezeichnet die derzeitige Lage als Dilemma: »Ab jetzt ist das Sperren von Internetseiten möglich, obwohl die Koalitionsvereinbarung von Schwarz-Gelb etwas anderes vorsieht«. Im Gesetzesentwurf der Linksfraktion ist neben der Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes eine entsprechende Änderung des Telemediengesetzes § 7 TMG vorgesehen. Auch die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen fordern ein Aufhebungsgesetz.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zur Unterzeichnung des Zugangserschwerungsgesetzes: »Der Weg ist jetzt frei, um sich klar und end­gül­tig von Netz­sper­ren zu ver­ab­schie­den. Die Bun­des­re­gie­rung hat sich auf das end­gül­ti­ge Aus für Netz­sper­ren in ihrer Stel­lung­nah­me ge­gen­über dem Bun­des­prä­si­den­ten ver­stän­digt. Jetzt wird schnell eine neue Re­ge­lung auf den Weg ge­bracht, die dem Grund­satz Lö­schen statt Sper­ren ent­spricht.« Die Bundesjustizministerin spricht sich vor allem für eine stärkere internationale Zusammenarbeit aus.

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