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26.11.2002; 18:29 Uhr
Auch Zeitschriftenverleger gegen neue Tabakwerberichtlinie
"Wird viele Arbeitsplätze in der Werbe- und Medienbranche kosten"

Nach den Zeitungsverlagen haben sich auch die Zeitschriftenverleger kritisch gegenüber den Plänen der Europäischen Kommission (Kommission) geäußert, Tabakwerbung in Printmedien weitgehend zu verbieten. Dass das Europäische Parlament (Parlament) vor wenigen Tagen einem entsprechenden Entwurf einer neuen Tabakwerberichtlinie zugestimmt habe, sehe man "mit großer Sorge und Betroffenheit", teilte der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) am 25.11.2002 mit. "Sollte dieser Beschluss Wirklichkeit werden, wird es in Deutschland viele Arbeitsplätze in der Werbe- und Medienbranche kosten", warnte VDZ-Geschäftsführer Wolfgang Fürstner. Den Zeitungsverlegern gehe es nicht nur Umsatzeinbußen. Durch die Werbeverbote sei auch die Freiheit der Presse gefährdet, meinte der Verbandssprecher. Pressefreiheit sei ohne Werbung nicht denkbar. An die Bundesregierung appellierte der VDZ, die geplanten Werbeverbote weiter abzulehnen. "Wir müssen noch mehr politische Überzeugungsarbeit leisten, um die Zukunft der freien Medien zu sichern", so Fürstner.

Auf scharfe Kritik war der Beschluss des Parlaments auch beim Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) gestoßen. Die Entscheidung sei ein "Schlag gegen die Pressevielfalt und gegen die Kommunikationsfreiheit" in Europa, erklärte ein Sprecher des Verbands. Wer sich für Werbeverbote einsetze, entziehe der Presse ihr wirtschaftliches Fundament. "Werbeverbote sind Denkverbote", sagte der BDZV-Sprecher weiter. Die Entscheidung des Parlaments sei zugleich auch eine "Entmündigung des Bürgers". Die Vision vom mündigen Bürger und Verbraucher verkomme allmählich zur "Farce". Es sei überhaupt nicht nachvollziehbar, dass legal hergestellte und legal verkaufte Produkte nicht beworben werden dürften. Ähnlich hatte sich auch der Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft (ZAW) geäußert. Ein Verbandssprecher sprach von "Machtanmaßung" der Kommission, die sich die Zuständigkeit zur Regelung "erschlichen" habe. Falls der Richtlinienentwurf vom Europäischen Rat (Rat) verabschiedet werde, bleibe wohl nur noch eine erneute Klage zum Europäischen Gerichtshof (EuGH). Das Gericht hatte im Oktober 2000 die erste Tabakwerberichtlinie der EU für unwirksam erklärt..

Das Parlament hatte am 20.11.2002 mit deutlicher Mehrheit einen Entwurf der Kommission für eine neue Tabakwerberichtlinie verabschiedet. Nach dem Entwurf soll Tabakwerbung künftig in Druckerzeugnissen, Rundfunk und Internet so gut wie völlig verboten sein. Die Richtlinie untersagt den Tabakherstellern auch das Sponsoring von länderübergreifenden Veranstaltungen. Um eine Umgehung der Verbote zu verhindern, soll auch die Gratisverteilung von Tabakerzeugnissen im Zusammenhang mit Veranstaltungen in bestimmten Fällen verboten sein. Vom Werbeverbot ausgenommen sein sollen nur Werbung im Kino, auf Plakaten und indirekte Werbung. Eine Reihe von Änderungsvorschlägen des Rechtsausschusses des Parlaments, dass die Werbeverbote stärker auf Fälle grenzüberschreitender Werbung beschränken wollte, lehnten die Abgeordneten fast vollständig ab. Im Gegenteil gelang es der Grünen-Fraktion sogar noch, einen Antrag durchzusetzen, nach dem den Mitgliedsstaaten Werbebeschränkungen unbenommen bleiben sollen, die über die Vorgaben der Tabakwerberichtlinie hinausgehen. Die Kommission äußerte nach dem Beschluss die Erwartung, dass die Richtlinie nun "bald" vom Rat verabschiedet werden würde. Gegen den Kommissionsvorschlag wird im Rat aller Voraussicht nach nur Deutschland stimmen.

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