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20.11.2002; 18:10 Uhr
Auch Europaparlament für weitgehendes Verbot der Tabakwerbung
Breite Unterstützung für Entwurf der Kommission für neue Tabakwerberichtlinie

Das Europäische Parlament (Parlament) hat sich erneut für ein weitgehendes Verbot der Tabakwerbung ausgesprochen. Die Abgeordneten verabschiedeten am 20.11.2002 mit deutlicher Mehrheit einen Entwurf der Europäischen Kommission (Kommission) für eine neue Tabakwerberichtlinie. Eine Reihe von Änderungsvorschlägen des Rechtsausschusses des Parlaments, dass die Werbeverbote stärker auf Fälle grenzüberschreitender Werbung beschränken wollte, lehnten die Abgeordneten fast vollständig ab. Im Gegenteil gelang es der Grünen-Fraktion sogar noch, einen Antrag durchzusetzen, nach dem den Mitgliedsstaaten Werbebeschränkungen unbenommen bleiben sollen, die über die Vorgaben der Tabakwerberichtlinie hinausgehen. Das für Gesundheit zuständige Mitglied der Kommission, Kommissar David Byrne, äußerte nach dem Beschluss die Erwartung, dass die Richtlinie nun "bald" vom Europäischen Rat (Rat) verabschiedet werden würde. Gegen den Kommissionsvorschlag wird im Rat aller Voraussicht nach nur Deutschland stimmen.

Auf scharfe Kritik stieß der Beschluss des Parlaments beim Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). Die Entscheidung sei ein "Schlag gegen die Pressevielfalt und gegen die Kommunikationsfreiheit" in Europa, erklärte ein Sprecher des Verbands. Wer sich für Werbeverbote einsetze, entziehe der Presse ihr wirtschaftliches Fundament. "Werbeverbote sind Denkverbote", sagte der BDZV-Sprecher weiter. Die Entscheidung des Parlaments sei zugleich auch eine "Entmündigung des Bürgers". Die Vision vom mündigen Bürger und Verbraucher verkomme allmählich zur "Farce". Es sei überhaupt nicht nachvollziehbar, dass legal hergestellte und legal verkaufte Produkte nicht beworben werden dürften. Ähnlich äußerte sich auch der Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft (ZAW). Ein Verbandssprecher sprach von "Machtanmaßung" der Kommission, die sich die Zuständigkeit zur Regelung "erschlichen" habe. Falls der Richtlinienentwurf vom Rat verabschiedet werde, bleibe nur noch eine erneute Klage zum Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Die Kommission hat am 30.5.2001 in Brüssel einen neuen Richtlinienentwurf vorgelegt, der die bestehenden Regelungen in den EU-Mitgliedsstaaten zur Tabakwerbung vereinheitlichen soll. Nach dem Entwurf soll Tabakwerbung künftig in Druckerzeugnissen, Rundfunk und Internet völlig verboten sein. Die Richtlinie untersagt den Tabakherstellern auch das Sponsoring von länderübergreifenden Veranstaltungen. Um eine Umgehung der Verbote zu verhindern, soll auch die Gratisverteilung von Tabakerzeugnissen im Zusammenhang mit Veranstaltungen in bestimmten Fällen verboten sein. Vom Werbeverbot ausgenommen sein sollen nur Werbung im Kino, auf Plakaten und indirekte Werbung. Die Kommission hat darüber hinaus weiter gehende Vorschläge für Maßnahmen zur Bekämpfung des Rauchens angekündigt, beispielsweise für Warnhinweise auf Zigarettenautomaten, den Schutz Jugendlicher bei der Aufstellung solcher Automaten und die Überwachung der Verkaufsförderung von Tabakerzeugnissen. Mit dem Richtlinienentwurf reagierte die Kommission auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), der im Oktober 2000 die erste Tabakwerberichtlinie der EU für unwirksam erklärt hatte. Nach Auffassung des EuGH hatte die EU beim Erlass der Richtlinie ihre Zuständigkeiten nach den europäischen Verträgen überschritten.

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