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13.10.2011; 21:13 Uhr
Verfahren um die Tagesschau-App der ARD vor dem LG Köln vertagt
Gericht regt gütliche Einigung an: »Halten Sie es für völlig ausgeschlossen, wenn man mal redet?«

Gestern fand im Verfahren um die Zulässigkeit der »Tagesschau«-App der ARD die erste mündliche Verhandlung statt. Danach darf sich noch keine der Parteien als Sieger fühlen. Acht Zeitungsverlage, darunter der Süddeutsche Verlag, die Axel Springer AG, WAZ, FAZ und DuMont Schauberg klagten gegen die ARD und den NDR auf Unterlassung (vgl. auch Meldung vom 22. Juni 2011). Die klagenden Verlage halten die kostenlose »Tagesschau«-App für wettbewerbswidrig und wehren sich gegen die nach ihrer Ansicht textdominate Berichterstattung ohne Sendebezug. Die App verstoße gegen § 11 d Abs. 2 Nr. 3 RStV, der nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote für unzulässig erklärt.

Die ARD startete die umstrittene App für Smartphones vor Weihnachten 2010. Seitdem hat die »Tagesschau«-App bereits über 2,4 Millionen Nutzer. Die Verlage haben bei ihren regelmäßig kostenpflichtigen Angeboten höchstens zehntausende Abrufe, berichtet die »Süddeutsche Zeitung«. Christian Nienhaus von der WAZ: »Es geht darum, dass jemand kostenlos Inhalte anbietet und damit unsere Märkte kaputt macht«. WDR-Intendantin Monika Piel entgegnet: »Unser Publikum erwartet zu Recht, dass es die Inhalte, für die es Rundfunkgebühren bezahlt hat, auch auf allen relevanten Endgeräten abrufen kann«.

Der Vorsitzende Richter der Wettbewerbskammer des LG Köln hat die »Tagesschau«-App in der gestrigen Verhandlung grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Er erklärte, die Zeitungsverleger werden mit dem »Tagesschau«-Angebot im Internet und der dazugehörenden App leben müssen, berichtet die »Süddeutsche Zeitung«. Die »Tagesschau«-App sei nicht grundsätzlich zu verbieten, sondern durch den, wenn auch im Hinblick auf den dehnbaren Begriff der Presseähnlichkeit schwammigen, Rundfunkstaatsvertrag gedeckt. Der Vorsitzende Richter wies die Parteien darauf hin, dass ein Zivilgericht nur Einzelfälle beurteilen könne und keine Grundsatzentscheidung treffen werde. Damit hat er dem Wunsch der klagenden Verlage nach einer generellen Regelung eine Absage erteilt. Sein Kompromissvorschlag: Reduzierung der Inhalte in der »Tagesschau«-App, die sich nicht direkt auf die Sendung beziehen und Vertiefung der sendungsbezogenen Inhalte, d.h. konkret weniger Inhalte, Ergänzung der Nachrichtenthemen durch bspw. Hintergrundberichte oder Kommentare und Ausweitung der eigentlichen Nachrichten-Berichterstattung.

ARD und NDR zeigen Kompromissbereitschaft im Hinblick auf die Gewichtung von Bild, Text und Videos. Monika Piel hält eine gütliche Einigung für sehr vernünftig und will mit den Verlegern sprechen. Sie erklärt, sie sei guten Mutes, dass die beiden Seiten bald zusammenkommen. Anja Pasquay vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) erklärt: »Wir richten uns auf ein langes Verfahren ein«, signalisiert aber gleichzeitig Gesprächsbereitschaft der Verlage. Ein neuer Termin wird nicht mehr in diesem Jahr stattfinden.

Nach Einschätzung des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) sind für den Fall, dass eine Einigung nicht zustande kommt, nach sachgerechter Auslegung des RStV zwei Szenarien möglich: Entweder die Bestimmung des RStV verbietet sendungsunabhängige pressemäßige Artikel mit und ohne Bild in öffentlich-rechtlichen Digitalangeboten. Damit wären die Angebote von ARD und ZDF auf den Grundversorgungsauftrag begrenzt. Oder die Gerichte folgen der Auffassung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, mit der Folge, dass nach Ansicht des VDZ der gesetzgeberische Beschränkungsversuch im RStV untauglich war und die Länder die Schranke im Rundfunk- und Telemediendienststaatsvertrag klarer formulieren müssten.

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