mobiles Menü Institut für Urheber- und Medienrecht
14.11.2001; 14:51 Uhr
"Schlechtestes Geschäft in der Geschichte von ARD und ZDF"
SZ: Rundfunkanstalten haben im Rechtepoker um Fußball-WM "versagt"

Die Süddeutsche Zeitung (SZ) macht ARD und ZDF im Zusammenhang mit dem Kauf der Fernsehrechte für die Fußball-WM 2002 heftige Vorwürfe. Die Vereinbarung mit der Kirch-Gruppe sei "das wohl schlechteste Geschäft in der Geschichte von ARD und ZDF", meinte das Blatt am 14.11.2001. Die Zeitung kreidet es den öffentlich-rechtlichen Anstalten vor allem an, dass sie mit mehr als zehn Millionen Mark pro Spiel deutlich mehr gezahlt hätten als Kollegen in Großbritannien. Die britischen Fernsehsender BBC und ITV hatten der Kirch-Gruppe vor kurzem für 500 Millionen Mark die Senderechte für alle 128 Begegnungen der Fußball-WM 2002 und 2006 abgekauft, was weniger als vier Millionen Mark pro Spiel entspricht. Die SZ kritisiert außerdem, dass ARD und ZDF für den Fall des frühen Ausscheidens der deutschen Nationalmannschaft aus dem Turnier keinen Preisnachlass ausgehandelt hätten. Auch hier hätten sich die Briten geschickter verhalten. Schließlich hätten es die ARD-Intendanten Fritz Pleitgen und Albert Scharf und ihr ZDF-Kollege Dieter Stolte bei den Verhandlunen über die Fußball-WM 2002 auch versäumt, sich Zweitrechte für die Berichterstattung am Abend zu sichern, so dass der Kirch-Sender SAT.1 dann eine "komfortable Alleinstellung habe". Insgesamt hätten ARD und ZDF im Rechtepoker um die Fußball-WM "versagt", urteilt die Zeitung.

Vorwürfe, ARD und ZDF hätten sich bei den Verhandlungen mit der Kirch-Gruppe auf Kosten der Gebührenzahler über den Tisch ziehen lassen, waren bereits früher laut geworden. Kritisiert worden war vor allem, dass der vereinbarte Kaufpreis von 250 Millionen Mark auch dann in voller Höhe fällig wird, falls das Team von Bundestrainer Rudi Völler nicht an der Weltmeisterschaft teilnimmt. ARD und ZDF hatten sich damit verteidigt, auch bei einem Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft sei mit großem Interesse der deutschen Fernsehzuschauer zu rechnen. Das habe die Fußball-WM 1998 in Frankreich gezeigt, bei der das deutsche Team auch sehr früh aus dem Rennen gegangen sei. Die ARD hatte sich auch gegen die Vorwürfe verwahrt, man habe zu einem zu frühen Zeitpunkt verhandelt. ARD-Sprecher Rüdiger Oppers hatte im Oktober 2001 geklagt, man hätte auch lieber nach den Qualifikationsspielen über die Senderechte verhandelt. Die Kirch-Gruppe habe aber auf frühen Verhandlungen bestanden, man habe keinen Spielraum gehabt. Die SZ macht vor allem den frühen Verhandlungszeitpunkt dafür verantwortlich, dass der WM-Poker für ARD und ZDF ungünstig ausging. Die Rundfunkanstalten hätten lieber wie BBC und ITV auf Zeit spielen und bis Oktober 2001 warten sollen, als eine hohe Ratenzahlung Kirchs an die FIFA fällig wurde, meint die Zeitung.

ARD und ZDF hatten sich Anfang Mai 2001 nach über einjährigen Verhandlungen mit der Kirch-Gruppe über die Übertragungsrechte an der WM 2002 geeinigt. Die Öffentlich-rechtlichen zahlen danach für 25 Spiele des Turniers, das in Südkorea und Japan stattfindet, rund 250 Millionen Mark. Für die WM 2006, die in Deutschland ausgerichtet wird, haben ARD und ZDF nur eine Option erhalten. Die Kirch-Gruppe hatte die Fernsehrechte für die WM 2002 und 2006 bereits 1996 für 1,7 Milliarden DM von der Weltfußballvereinigiung (FIFA) erworben. Erfolgreich weiterverkauft hatte das Münchner Medienunternehmen die Rechte vor der Einigung mit ARD und ZDF nur in Spanien, wo der Pay-TV-Sender Via Digital für die Lizenzen 300 Millionen Mark zahlte. In Frankreich haben die frei empfangbaren Rundfunksender die Preisvorstellungen der Kirch-Gruppe bisher als überzogen zurückgewiesen. Wegen der Entscheidung Großbritanniens, dass alle Spiele der WM im frei empfangbaren Fernsehen ausgestrahlt werden müssten, hat die Kirch-Gruppe zwischenzeitlich sogar Klage zum EuGH erhoben.

Institutionen:

[IUM/jz]

Permanenter Link zu dieser News Nr. 443:

https://www.urheberrecht.org/news/443/


Zurück zur Liste


Der kostenlose Service unserer Online-Redaktion.

Das IUM dokumentiert die politischen und rechtlichen Entwicklungen aus dem Bereich des Urheber- und Medienrechts und gibt einen tagesaktuellen Newsletter heraus. Dieser informiert über neue Gerichtsentscheidungen und laufende Gesetzgebungsverfahren und ist dabei dem Gebot strikter Neutralität verpflichtet. Fördermitglieder erhalten den Newsletter vorab per E-Mail. Sein Inhalt wird hier dokumentiert.

Hier können Sie sich für den IUM Newsletter anmelden!

Gerne schicken wir Ihnen auch alle aktuellen Informationen per Mail.