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In Artikel 3 wird die Verteilung der Rundfunkbeitragsmittel in § 9 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages auf ARD, ZDF und das Deutschlandradio sowie der Anteil für ARTE angepasst. Die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hat in ihrem 20. Bericht eine veränderte Verteilung der Rundfunkbeitragsmittel auf ARD, ZDF, Deutschlandradio und den Anteil für ARTE errechnet. Die Neuverteilung ist aufgrund der veränderten Finanzbedarfe erforderlich. Von den Einnahmen aus dem Rundfunkbeitrag abzüglich des Anteils der Landesmedienanstalten soll die ARD zukünftig 71,7068 %, das ZDF 25,3792 % und das Deutschlandradio 2,9140 % erhalten. ARTE erhält zudem einen höheren Finanzierungsanteil in Höhe von nun 180,84 Mio. Euro.

Unabhängig von der Verteilung der Rundfunkbeitragsmittel soll der Empfehlung der KEF in ihrem 20. Bericht, den monatlichen Rundfunkbeitrag um 30 Cent abzusenken, nicht gefolgt werden. Schon die Beibehaltung des jetzigen niedrigen Beitragsniveaus ist nur dadurch möglich, dass für die Beitragsperiode von 2017 bis 2020 auf einmal vorhandene Rücklagen zurückgegriffen wird, die 2020 aufgebraucht sind. Eine weitere Beitragssenkung für die Beitragsperiode 2017 bis 2020 hätte zur Folge, dass für die Beitragsperiode 2021 bis 2024 der Rundfunkbeitrag bereits aus diesem Grund angehoben werden müsste. Zudem wäre eine darüber hinausgehende Erhöhung notwendig, da selbst bei Annahme einer moderaten Kostensteigerungsquote die zu erwartenden Erträge aus dem Rundfunkbeitrag nicht ausreichen würden, um das Rundfunkbeitragsniveau zu halten.

Die Rücklagenbildung beruht auf von der KEF ermittelten Mehreinnahmen aufgrund eines Sondereffektes bei der Umstellung des Rundfunkfinanzierungsverfahrens und sie stehen nach den Feststellungen der KEF nicht dauerhaft zur Verfügung. Infolgedessen müsste auch eine jetzige Beitragssenkung in der Beitragsperiode 2021 bis 2024 vollständig zurückgenommen werden. Ein solcher Jo-Jo-Effekt und die mit ihm verbundenen erheblichen Schwankungen im Beitragsaufkommen sollen vermieden werden. Daher sollen die Mehreinnahmen in eine Rücklage eingestellt werden, um die Mehrbedarfe ab 2021 und eine gegebenenfalls notwendige Rundfunkbeitragsanpassung abzumildern. Die Staatsvertragsgeber wollen hierdurch im Interesse der Rundfunkanstalten und im Interesse der Beitragszahler eine möglichst langfristige Beitragsstabilität sicherstellen. Durch die Rücklagenbildung wird eine europarechtlich unzulässige Überkompensation der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verhindert. Dies wird durch die Selbstverpflichtungserklärungen der Anstalten zusätzlich abgesichert.

Ein möglichst stabiler Rundfunkbeitrag verfolgt das Ziel einer angemessenen Belastung der Beitragszahler, indem die Rundfunkbeitragshöhe längerfristig auf einem für die Beitragszahler akzeptablen Niveau verbleibt. Daher muss aufgrund des beschriebenen Sondereffekts auch die Beitragsentwicklung langfristiger betrachtet werden, um eine gleichmäßige Beitragsentwicklung sicherzustellen. Kontinuität durch eine Beitragslast in möglichst gleicher Höhe ist ein wichtiges Mittel zur Vertrauensbildung und zur Akzeptanzsicherung. Vertrauen und Akzeptanz in das Rundfunkfinanzierungsverfahren sind notwendige Grundlagen für die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Eine ständige Veränderung der Rundfunkbeitragshöhe birgt demgegenüber Verunsicherungen auf Seiten der Rundfunkbeitragszahler und schmälert die Rundfunkbeitragsakzeptanz.

Die Entscheidung zur Nichtabsenkung hat auch vor der Rundfunkfreiheit Bestand. Den bisherigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Abweichen von dem Vorschlag der KEF (BVerfGE 119, 181; BVerfGE 90, 60) lag der Sachverhalt zugrunde, dass die Höhe des Rundfunkbeitrags nach politischer Entscheidung hinter der Deckung des von der KEF ermittelten tatsächlichen Bedarfs zurückbleiben sollte. In diesen Fällen stand im Raum, ob die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bedarfsgerecht finanziert und die Staatsferne der Aufgabenerfüllung gewahrt wurde. Angesichts des in diesen Fällen vorliegenden Eingriffs in die Rundfunkfreiheit gemäß Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes ist ein Abweichen nur in eng begrenzten Fällen erlaubt.

Der Entscheidung der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder, den Rundfunkbeitrag entgegen der Empfehlung der KEF nicht um 30 Cent zu senken, liegt jedoch eine andere Ausgangslage zugrunde: Es geht um die Frage, wie mit den von der KEF festgestellten und von den Ländern ihrer Entscheidung zugrunde gelegten, den tatsächlichen Bedarf der Rundfunkanstalten übersteigenden, Mehreinnahmen umzugehen ist. In dieser Konstellation greift der Staatsvertragsgeber nicht in die Rundfunkfreiheit ein, wenn er sich entgegen dem Vorschlag der KEF zugunsten der Rundfunkanstalten für eine Rücklage entscheidet. Die Rundfunkanstalten erhalten dennoch die von der KEF ermittelte bedarfsgerechte Finanzierung. Es wird daher weder in die Finanzbedarfseinschätzungsprärogative der Rundfunkanstalten noch in die Finanzbedarfsfeststellung der KEF eingegriffen. Die Autonomie des Bedarfsermittlungsverfahrens und der Grundsatz der Staatsferne gemäß Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes sowie die Regelungen nach dem Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag zur Ermittlung des Finanzierungsbedarfs der Rundfunkanstalten bleiben gewahrt.

Die Länder handeln dabei im Rahmen ihres gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums. Da das Verfahren zur Festsetzung der Höhe des Rundfunkbeitrages die verfassungsrechtlich vorgegebene Garantie der bedarfsgerechten Finanzierung der Rundfunkanstalten bezweckt, ist der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum größer, wenn, wie in der vorliegenden Konstellation, überhaupt nicht in die Rundfunkfreiheit eingegriffen wird. Der Entscheidung der Länder liegen auch keine unzulässigen Erwägungen zugrunde. Die Mehreinnahmen werden in der Beitragsperiode ab 2021 zweckgemäß zur Deckung des Finanzbedarfs eingesetzt. Hierdurch erfolgt keine Vermengung mit strukturellen Erwägungen. Aufgrund ihrer demokratischen Verantwortung für das Beitragsfestsetzungsverfahren ist es auch die Aufgabe der Länder, zu entscheiden, wie mit vorhandenen Mehreinnahmen zu verfahren ist und ob Vorkehrungen nötig sind, um rechtzeitige und programmneutrale Beitragsanpassungen zu sichern.

Die Länder wahren mit ihrer Entscheidung zur Nichtabsenkung die Rechte der Beitragszahler. Ihre Entscheidung bezweckt eine gleichbleibende und angemessene Belastung der Beitragszahler. Dies liegt auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in deren Interesse. Eine Absenkung von nur 30 Cent pro Monat würde insbesondere für den privaten Bereich keine wesentliche Entlastung bedeuten (im Regelfall 3,60 Euro pro Jahr). Demgegenüber ist ein von der breiten Öffentlichkeit akzeptierter Rundfunkbeitrag für die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von sehr hoher Bedeutung. Die Länder sind daher zu dem Ergebnis gekommen, dass das Interesse der Beitragszahler an einer gleichmäßigen Beitragsentwicklung und Beitragsakzeptanz höher wiegt als das Interesse an einer kurzfristigen geringen Entlastung und damit insgesamt gerechtfertigt ist. Es sind vorliegend keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Nichtabsenkung objektiv dazu geeignet wäre, nutzungswillige Interessenten von der Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fernzuhalten. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil der Beitrag nicht erhöht, sondern stabil bei 17,50 Euro gehalten wird und damit keine Mehrbelastung vorliegt.

Diese Erwägungen stehen auch mit dem abgabenrechtlichen Äquivalenzprinzip in Einklang. Der Gesetzgeber verfügt im Rahmen des Rundfunkfinanzierungsverfahrens über einen weiten Gestaltungsspielraum. Angesichts der geringen Höhe von nur 30 Cent pro Monat und angesichts dessen, dass die Rücklagenbildung nur vorübergehend erfolgt und die Rücklage bei der nächsten Beitragsperiode bedarfsmindernd in das Beitragsermittlungsverfahren einbezogen wird, wird dem abgabenrechtlichen Äquivalenzprinzip Genüge getan.

Neben den bereits erläuterten strukturell angelegten Beitragssteigerungen könnten ab 2021 zusätzliche Rundfunkbeitragssteigerungen aufgrund von Unsicherheiten auf der Ertrags- und Aufwandsseite der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erforderlich werden. Diese betreffen insbesondere die Auswirkungen der Werbereduzierung im Hörfunk beim WDR und damit auch die mittelbaren Auswirkungen auf die anderen ARD-Anstalten. Ferner bestehen Risiken im Hinblick auf die Entgeltpflicht bei der Einspeisung der öffentlich-rechtlichen Programme in die Kabelnetze.

 

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