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08.11.2006; 17:32 Uhr
Anhörung Zweiter Korb: Experten mehrheitlich gegen Änderungen bei Urheberrechtsvergütung
Streit, ob rechtspolitischer Irrweg oder angemessener Ausgleich zwischen Urhebern und Geräteindustrie

Zu großen Teilen kritisch zeigten sich die Sachverständigen des ersten Teils der Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zur Urheberrechtsreform (»Zweiter Korb«) am 8.11.2006 in Berlin. Dabei ging es zunächst um den bereits im Vorfeld der Anhörung heiß umstrittenen Punkt, von den bisher durch den Staat festgelegten pauschalen Vergütungssätzen zwischen Herstellern von Speichermedien und Vervielfältigungsgeräten auf der einen und Urhebern auf der anderen Seite überzugehen auf eine freie Verhandlung der Sätze durch die betroffenen Parteien selbst.

Auf Seiten der Vertreter der Urheber stießen die Neuregelungen des Gesetzentwurfs auf völlige Ablehnung. Benno H. Pöppelmann von der Initiative Urheberrecht und Christian Sprang vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels gestanden zwar grundsätzlichen Handlungsbedarf ein, da die Vergütung seit 1985 nicht mehr angehoben worden sei. Gleichwohl stellten aber die konkreten Änderungsvorschläge eine massive Schlechterstellung von Kreativen dar: Für Jürgen Becker von der Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ) sei die Kopplung der Vergütung an die Gerätepreise rechtspolitsch verfehlt, da sie sich dadurch nicht mehr an dem Wert des Urheberrechts, sondern an einem urheberfremden Kriterium orientiere. Dem pflichtete Olaf Zimmermann vom Deutschen Kulturrat bei und bezeichnete dies als ein »kulturpolitisches Problem«, während für Artur-Axel Wandtke, Humboldt-Universität, die künftige Aushandlung der Vergütung zwischen den Parteien gar einen »rechtspolitischen Irrweg« darstellte, da es an einem Gleichgewicht der Vertragspartner mangele. Für die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) wies Mathias Schwarz darauf hin, dass die Deckelung der Vergütungsansprüche auf maximal fünf Prozent des Verkaufspreises möglicherweise einen enteignungsgleichen Eingriff in die Rechtsposition der schöpferisch Tätigen darstelle, da nicht mehr die Nutzungshäufigkeit und damit der Schaden am geistigen Eigentum von Bedeutung sei, sondern der Verkaufspreis der Geräte, die der Urheber nicht beeinflussen könne.

Letzteren Punkt griff Till Barleben vom Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie auf, als er die Abkehr vom System der gesetzlich festgelegten Vergütungssätze begrüßte. Seiner Ansicht nach müsste die Vergütungshöhe weiter auf drei Prozent abgesenkt werden, wobei als Bemessungsgrundlage nicht der Verkaufspreis, sondern der durchschnittliche Herstellerabgabepreis herangezogen werden sollte. Als Grund für diese Forderung verwies er auf die »dramatisch gesunkenen Umsatzrenditen der Hersteller« bei knapp zwei Prozent, während die Belastungen durch die Urheberrechtsabgaben aufgrund des starken Preisdrucks nicht an die Verbraucher weitergegeben werden könnten. Katrin Bremer zeigte sich für den Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) mit der Obergrenze auf maximal fünf Prozent des Gerätepreises zufrieden, hielt aber einen Prozentsatz von maximal zwei bis drei Prozent ebenfalls für sachgerechter. Zugleich betonte sie, dass diese Deckelung verfassungsrechtlich geboten sei. Denn so werde der mit der Geräteabgabe einhergehende Grundrechtseingriff in die Rechte der Hersteller auf ein verhältnismäßiges Maß begrenzt. Anderenfalls drohten Forderungen von Seiten der Urheber von bis zu 800 Mio. EUR. Diese Ziffer bezeichnete jedoch Becker als falsch, da hierbei außer Acht bleibe, dass der Fünf-Prozent-Satz an denjenigen Anteil des Gerätepreises angelegt werde, zu dem das Gerät für Vervielfältigungshandlungen genutzt werde.

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