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28.03.2007; 13:11 Uhr
Studie: Informationsrichtlinie nur in Teilen zufriedenstellend umgesetzt
Keine ausreichende Harmonisierung bei Schrankenbestimmungen und dem Einsatz technischer Schutzmaßnahmen

Lediglich in Teilen erreicht sind die Ziele, Wachstum und Innovation im Bereich der Online-Inhalte-Anbieter zu fördern, wie sie mit der Richtlinie »zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft« (2001/29/EG) erreicht werden sollten. Zu diesem Ergebnis kommt eine von der Europäischen Kommission beim Instituut voor Informatierecht, Amsterdam, in Auftrag gegebene Studie. Zwar sei mit der abstrakten technologiefreundlichen Ausgestaltung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung eine zukunftsorientierte Anwendbarkeit erreicht worden, die auch den schnellen technischen Änderungen gerecht werde. Letzteres sei aber beim Vervielfältigungsrecht nicht der Fall.

Grundsätzlich hätten die von der Richtlinie gesetzten Standards zu einer zufriedenstellenden Harmonisierung der Verwertungsrechte der Vervielfältigung und der öffentlichen Zugänglichmachung geführt, insbesondere werde den Rechteinhabern eine starke Stellung bei der Werknutzung eingeräumt. Gleichwohl habe aber die breite Definition der geschützten Rechte Schwierigkeiten bei der Bestimmtheit und so zu Abgrenzungsproblemen nach sich gezogen. Dies gelte vor allem bei der Frage der Wechselwirkung zwischen dem ausschließlichen Recht zur Vervielfältigung und zulässigen vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen. Die Folge seien erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen, da die Online-Content-Industrie so zu ungerechtfertigten Doppelvergütungen herangezogen würde.

Dieselben Konsequenzen entstünden auch wegen der mangelnden Harmonisierung bei den Schranken des Urheberrechts. Dies folge zum einen daraus, dass die entsprechenden Definitionen in der Richtlinie nur in vager und grundsätzlicher Form gehalten seien. Als wesentliches Manko sei auch, das der EU-Gesetzgeber es unterlassen habe, eine Liste zwingender Beschränkungen aufzustellen. Die Mitgliedstaaten seien so fast unbegrenzt frei gewesen in ihrer Entscheidung, welche der optionalen Beschränkungen sie umsetzen wollten. Die Folge sei ein Mosaik von Schrankenbestimmungen in der EU, das grenzüberschreitende Dienste verhinderte. Um dem abzuhelfen schlägt die Studie einen zweistufigen Ansatz vor: Zunächst sei die Liste der optionalen Schrankenbestimmungen durch eine kürzere und zwingende Enumeration zu ersetzen, die Grundfreiheiten, Überlegungen des Binnenmarkts und Verbraucherrechte berücksichtigen soll. Dann sollte eine offene Norm geschaffen werden, die den Mitgliedstaaten die Möglichkeit weiterer Schrankenbestimmungen eröffnet unter Berücksichtigung des Drei-Stufen-Tests. Denn mit ener abschließenden Liste allein sei zwar den Rechteinhabern, nicht aber den Anbietern neuer Dienste geholfen.

Als ebenfalls verbesserungswürdig sieht die Studie die Regelungen zum Einsatz technischer Schutzmaßnahmen an. Die Formulierung des »angemessenen Rechtsschutzes« in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie hätte nähere Ausführungen zur Natur dieses Schutzes enthalten müssen. Die Folge sei nun ein europaweit breites Spektrum von zivil- und strafrechtlichen Vorschriften. Besonders verschachtelt sei die Regelung in Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie, die einer »Entrechtung von Nutzern« vorbeugen sollte, aber bereits bei Online- und on-Demand-Übertragungen an ihre Grenze stoße, wenn hierbei vertragliche Abreden getroffen würden. Probleme würden sich auch durch die unmittelbare Verknüpfung der legalen Verwendung von DRM-Systemen mit Urheberrechtsverletzungen ergeben. Nicht berücksichtigt werde dabei, dass es auch legitime Gründe für eine Umgehung gebe. Dies führe letztlich nicht zu einem Schutz von Urheberrechten, sondern eher von technischen Standards. Folglich dürften die in Art. 6 Abs. 1 und 2 der Richtlinie bezeichneten wirtschaftlichen Handlungen nur dann verboten werden, wenn sie direkt zu Umgehungsakten führten; Art. 6 Abs. 4 sei einfacher und klarer zu gestalten, z. B. in Orientierung an zwingende Schrankenbestimmungen.

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[IUM/hl]

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