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22.04.2008; 17:28 Uhr
Nennung des Klarnamens eines Ex-Stasi-IM in Ausstellung zulässig
LG Zwickau: Keine Entscheidung in der Sache, sondern Fehlen der Passivlegitimation

Im Rechtsstreit um die Nennung des Klarnamens eines ehemaligen informellen Mitarbeiters (IM) des vormaligen Staatssicherheitsdienstes der DDR im Rahmen einer Ausstellung über die Tätigkeit von informellen Mitarbeitern in der DDR hat das Landgericht Zwickau (LG Zwickau) am 22.4.2008 eine zuvor erlassene einstweilige Verfügung des Genannten auf Widerspruch aufgehoben. Auf Zustimmung stieß diese Entscheidung des Gerichts auch in der Politik - die kulturpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen von FDP und Bündnis 90/Die Grünen, Christoph Waitz und Katrin Göring-Eckardt, betonten die Bedeutung, bei der Aufarbeitung von DDR-Unrecht auch Namen nennen zu dürfen. Ehemalige IM dürften sich nicht hinter ihrem Persönlichkeitsrecht verstecken können und sich so als Opfer stilisieren.

Gerade was jedoch das Persönlichkeitsrecht als »Schutzschild« gegen unliebsame Verwendung des eigenen Namens angeht, hat das LG Zwickau noch keine Klärung verschafft. Zwar hatten die Richter der zuständigen Zivilkammer am 8.4.2008 während der mündlichen Verhandlung noch unter Würdigung der Umstände erkennen lassen, in der Art der Präsentation der Ausstellung keine Prangerwirkung zu sehen, die in rechtswidriger Weise in das Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers hätte eingreifen können. Mit dem klageabweisenden Urteil vom 22.4.2008 hingegen nahm nun das Gericht keine Abwägung mehr zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers und dem Grundrecht der die Ausstellungsräume vermietenden Stadt Reichenbach sowie des Heimatvereins als Träger der Ausstellung auf Meinungsäußerungsfreiheit. Denn letztere beiden seien weder als »Handlungs-« noch als »Zustandsstörer« für die Ausstellung und deren Inhalt verantwortlich, da sie unter anderem auf den Inhalt der Schautafeln keinen Einfluss gehabt hätten und die Tafeln selbst auch nicht in ihrem Eigentum stünden. Das LG Zwickau verwies daher den Verfügungskläger auf das Hauptsacheverfahren, in dessen Rahmen auch allein nur die für eine Abwägung erforderliche Sachverhalt in hinreichender Art und Weise festgestellt werden könne.

Wie die »Financial Times Deutschland« (FTD) am selben Tag berichtete, nahm die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, das Urteil des Gerichts »mit gemischten Gefühlen« auf, da sie sich auch eine inhaltliche Entscheidung gewünscht hätte. Der klagende ehemalige Stasi-IM kündigte an, weiterhin den Rechtsweg beschreiten zu wollen, während der Ausstellungsmacher, der frühere Zwickauer Dompfarrer Edmund Käbisch, es noch offen ließ, ob der Klarname nun wieder genannt werde.

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