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13.10.2010; 20:00 Uhr
EGMR verhandelt über Beschwerden des Springer-Verlags sowie von Caroline und Ernst August von Hannover
Beschwerden gestützt auf Art. 10 und Art. 8 EMRK

Vor der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wurden am Mittwoch zwei Fälle verhandelt, denen große Bedeutung für die Pressefreiheit beigemessen wird. In einem Fall klagt die Springer AG, im anderen Caroline und Ernst August von Hannover gegen Deutschland. Springer (Az. 39954/08) sieht in den gerichtlichen Verboten einer »BILD«-Berichterstattung über den Kokain-Fund bei einem bekannten TV-Kommissar einen Eingriff in die Äußerungs- und Pressefreiheit. Das LG und OLG Hamburg werteten das Persönlichkeitsrecht des Schauspielers höher. Vorbildfunktion habe er nur in seiner Rolle, nicht jedoch im realen Leben. Der BGH wies die Anhörungsrüge der Beklagten zurück (Beschluss vom 11. Dezember 2006, Az. VI ZR 74/06). Auch Berichte über die Verurteilung wurden gerichtlich untersagt. Der Verlag erhob 2008 eine auf Art. 10 EMRK (Freiheit der Meinungsäußerung) gestützte Beschwerde in Straßburg.

Der zweite Fall (Az. 40660/08) betrifft Urlaubsbilder von Caroline und Ernst August von Hannover, die im Zusammenhang mit Berichterstattungen über den Gesundheitszustand Rainiers von Monaco und über die Vermietung einer Villa des Paares in Kenia veröffentlicht wurden. Der BGH hatte entschieden, dass der Gesundheitszustand des (inzwischen verstorbenen) Fürsten von allgemeinem Interesse sei und daher auch Bilder veröffentlicht werden dürfen, die zeigen, was seine Kinder zur Erholung von dieser familiären Belastung unternehmen. Das BVerfG bestätigte diese Wertung. Hinsichtlich der anderen Bilder hielt der BGH jedoch das Verbot des LG Hamburg aufrecht. Nachdem das BVerfG die Sache in diesem Punkt an den BGH zurück verwiesen hatte, urteilte dieser im Juli 2008, dass die Vermietung der Ferienvilla von Prominenten Anlass zu sozialkritischen Überlegungen geben könne und daher auch Bilder in diesem Zusammenhang ohne Einwilligung gezeigt werden dürfen. Die Beschwerde vor dem EGMR ist gestützt auf Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens).

 

Dokumente:

  • Pressemitteilung des EGMR vom 13. Oktober 2010
  • Urteil des OLG Hamburg vom 21. März 2006, Az. 7 U 134/05 (BeckRS)
  • Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 24. Juni 2004, Az. 59320/00, ZUM 2004, 651 (Volltext bei Beck Online)
  • Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. März 2007, Az. VI ZR 52/06, ZUM 2007, 470 (Volltext bei Beck Online)
  • Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2008, Az. 1 BvR 1602/07, 1 BvR 1606/07, 1 BvR 1626/07, ZUM 2008, 420 (Volltext bei Beck Online)
  • Urteil des Bundesgerichtshofs vom 1. Juli 2008, Az. VI ZR 67/08, ZUM 2008, 785 (Volltext bei Beck Online)

Institutionen:

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