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22.11.2010; 18:27 Uhr
Internetsperren: COICA-Entwurf vom Rechtsausschuss des US-Senats angenommen
Opposition gegen Gesetzesentwurf aus beiden Parteien sowie von Jura-Professoren und IT-Experten

Der von Demokraten und Republikanern eingebrachte Gesetzesvorschlag zur Bekämpfung von Urheberrechts- und Markenrechtsverletzungen im Internet, »Combating Online Infringement and Counterfeits Act (COICA)« (vgl. Meldung vom 22. September 2010), wurde vergangene Woche vom Rechtssausschuss des US-Senats angenommen. Nach Berichten der Electronic Frontier Foundation (EFF) stehen dem Vorhaben eine parteiübergreifende Opposition und diverse Expertenmeinungen gegenüber. Das Gesetz richtet sich vor allem gegen Angebote aus dem Ausland. Vorgesehen sind Internet- bzw. Domain-Sperren zur Bekämpfung von offensichtlich überwiegend rechtsverletzenden Angeboten. Hierzu soll der »Attorney General« (der oberste Rechtsberater der Regierung in Common Law-Staaten) ermächtigt sein. Der Anordnung soll eine Gerichtsentscheidung vorausgehen. Sie richtet sich gegen die »Registranten« von Domain-Namen, also die »Domain-Lizenznehmer«, die zur Benutzung eines Domain-Namens berechtigt sind.

Am Thema der Sperrung ausländischer Websites entzündete sich eine Diskussion. Eine ganze Reihe von US-amerikanischen Rechtsprofessoren äußerte verfassungsrechtliche Bedenken an dem Gesetzesvorhaben. So stehe das im »COICA« vorgesehene Verfahren im Widerspruch zur Meinungsfreiheit. Indem das Gesetz eine Sperrung von Domain-Namen vorsehe, »fackelt es das Haus ab, um das Schwein zu grillen«. Denn Anbieter wie AOL würden hunderttausende Webseiten unter ihrer Domain betreiben, die legal sind und trotzdem gesperrt werden müssten.

Die NetCoalition bemängelt aufgrund der fehlenden Anhörungsmechanismen der Sperrungsprozedur Eingriffe in das Recht auf ein faires Verfahren. Weiter sei die Zuständigkeit US-amerikanischer Gerichte für die Sperrung ausländischer Domains äußerst fragwürdig. Sie könne dazu führen, dass auch im Ausland künftig mehr Inhalte US-amerikanischer Webseiten gerichtlich verboten werden.

Eine Initiative von Internet-Experten befürchtet, dass Internet-Sperrlisten langfristig die Vorherrschaft der USA im Bereich des »Domain Name System (DNS)« unterminieren werden. Denn die Sperrung kompletter Domains und die damit gleichzeitige Erfassung auch nützlicher, legaler Angebote würde zu Parallel-Infrastrukturen im Netz führen. Anbieter würden andere Mechanismen, als das »DNS« entwickeln. Das »DNS« konvertiert Domain-Namen in (numerische) IP-Adressen, die für Computer effizienter verarbeitet werden können. Dieses System müsse von politischen Vorhaben unangetastet bleiben. Nur so könne das Internet frei und offen bleiben.

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