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30.03.2011; 11:58 Uhr
BGH entscheidet zur Archivierung von Berichterstattungen über Tagesereignisse
Aktualität muss während der gesamten Dauer der öffentlichen Zugänglichmachung gegeben sein

Der BGH hat am 5. Oktober 2010 über die Zulässigkeit der Online-Archivierung von Berichterstattungen über Kunstausstellungen nach § 50 UrhG entschieden (Az. I ZR 127/09, Veröffentlichung in ZUM oder ZUM-RD folgt). In den Berichten sind Kunstwerke abgebildet, die aufgrund der Online-Archivierung dauerhaft angesehen werden können. Eine Berichterstattung über Tagesereignisse nach § 50 UrhG ist, so der BGH, aber nur so lange zulässig, wie die Veranstaltung noch als Tagesereignis angesehen werden kann. Das Berufungsgericht hatte die dauerhafte Archivierung der Berichte als zulässig angesehen. Der für die Beurteilung entscheidende Zeitpunkt sei der des Einstellens ins Archiv. Zu diesem Zeitpunkt habe es sich im konkreten Fall noch um zulässige Berichterstattungen über Tagesereignisse gehandelt. Die Abbildungen seien daher auch nicht durch Zeitablauf unzulässig geworden. Eine ständige Überprüfung von Online-Archiven auf deren Aktualität sei der Presse nicht zuzumuten.

Der BGH entschied demgegenüber unter Berufung auf seine bisherige Rechtsprechung (»Zeitungsbericht als Tagesereignis« und »TV-Total«), dass ein Geschehen »so lange aktuell ist, wie ein Bericht darüber von der Öffentlichkeit als Gegenwartsberichterstattung empfunden wird«. Daraus ergebe sich für die Abbildung von Kunstwerken in Berichten eine Differenzierung zwischen Vervielfältigung und Verbreitung einerseits und öffentlicher Zugänglichmachung in Archiven andererseits. Im ersten Fall müsse die Aktualität der Kunstausstellung nur im Zeitpunkt der Vervielfältigung und Verbreitung gegeben sein. Bei einer permanenten öffentlichen Zugänglichmachung sei während des gesamten Zeitraums des Bereithaltens ein Fortbestehen der Aktualität erforderlich. Im Gegensatz zum Berufungsgericht hält der BGH eine Aktualitätsüberprüfung nicht für zu aufwendig. Vor allem aber gestehe die Klägerin, die VG Bild-Kunst, der Presse zu, ihre Berichte über Kunstausstellungen innerhalb eines Zeitraumes von vier Wochen vor Beginn und vier Wochen nach Ende der Ausstellung im Internet bereit zu halten. Eine Löschung der Berichte nach Ablauf dieses Zeitraumes sei ohne Weiteres möglich und zumutbar.

Weiter verneinte der BGH eine Rechtfertigung der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 UrhG, da diese Norm nur die Herstellung von Vervielfältigungsstücken für ein eigenes Archiv bzw. zum internen Gebrauch erlaube. Auch auf das Zitatrecht nach § 51 UrhG könne sich die Beklagte nicht berufen, da in den Berichten über eine Kunstausstellung keine selbstständigen Ausführungen zu den Kunstwerken erfolgten, in deren Zusammenhang die Bilder als Beleg angeführt werden. Ihre Abbildung erfolge daher nicht zum Zwecke des Zitats.

 

Dokumente:

  • Urteil des BGH vom 11. Juli 2002, Az. I ZR 285/99Zeitungsbericht als Tagesereignis«), ZUM 2002, 818 (Volltext bei Beck Online)
  • Urteil des BGH vom 20. Dezember 2007, Az. I ZR 42/05 (»TV-Total«), ZUM-RD 2008, 337 (Volltext bei Beck Online)

Institutionen:

[IUM/eg]

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