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25.11.2011; 17:03 Uhr
EuGH: Allgemeine präventive Filter- und Sperrsysteme gegen Filesharing nicht mit Unionsrecht vereinbar
Anbietern von Internetzugangsdiensten darf keine allgemeine Überwachungspflicht auferlegt werden

Der EuGH hat gestern entschieden, dass der Einsatz von Filter- und Sperrsystemen zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen EU-rechtswidrig ist. Derlei präventive Maßnahmen gegen illegales Filesharing können danach nicht von Providern verlangt werden. Sie verstoßen gegen die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (2000/31/EG) und Grundrechte (Urteil vom 24. November, Az.: C-70/10, Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt). Damit folgten die Richter weitestgehend den Schlussanträgen des Generalanwalts M. Pedro Cruz Villalón (vgl. Meldung vom 15. April 2011).

Nach Art. 15 Abs. 1 der E-Commerce-Richtlinie dürfen die Mitgliedstaaten keine allgemeinen Überwachungspflichten festschreiben. Vielmehr müssten Rechteinhaber nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG im konkreten Fall einen Antrag auf gerichtliche Anordnung gegen Anbieter von Internetzugangsdiensten stellen, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung ihrer Rechte genutzt werden.

Weiter wäre eine allgemeine Überwachungspflicht nicht mit Art. 3 der Richtlinie 2004/48/EG vereinbar, wonach die von den Mitgliedstaaten zu erlassenden Maßnahmen gerecht und verhältnismäßig sein müssen und nicht übermäßig kostspielig sein dürfen. Um dies zu beurteilen, sei den Anforderungen Rechnung zu tragen, die sich aus dem Schutz der anwendbaren Grundrechte ergeben. Zwar sei der Schutz des Rechts am geistigen Eigentum in Art. 17 der Grundrechtecharta der Europäischen Union verankert. Das Recht am geistigen Eigentum sei aber kein schrankenloses Recht, dessen Schutz bedingungslos zu gewährleisten sei. Die Einrichtung eines Filtersystems liege zwar im Interesse der Rechteinhaber, beeinträchtige aber die unternehmerische Freiheit (Art. 16 Grundrechtecharta) der Provider in qualifizierter Art und Weise. Die wirtschaftliche Belastung durch die Einrichtung eines komplizierten, auf Dauer angelegten und allein auf Kosten der Anbieter der Interzugangsdienste betriebenen Informatiksystems wäre enorm. Überdies würde auch das Grundrecht der Kunden auf den Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 Grundrechtecharta) und auf freien Empfang oder freie Sendung (Art. 11 Grundrechtecharta) beeinträchtigt. Da das System  - mangels zuverlässiger Unterscheidung zwischen legalen und illegalen Inhalten - auch zur Sperrung legaler Inhalte führen könnte, wäre möglicherweise auch die Informationsfreiheit beeinträchtigt.

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