AG Charlottenburg: Betreiber von offenem WLAN ist als Access-Provider einzustufen
In einem Fall zur Haftung des Betreibers eines öffentlich zugänglichen WLAN-Netzwerks für angebliche Urheberrechtsverletzungen, die über seine IP-Adresse begangen wurden, hat das Amtsgericht Charlottenburg sowohl die Täter- als auch die Störerhaftung abgelehnt (Az.: 217 C 121/14). Wie aus dem von der Initiative »Freifunk statt Angst« am 15. Januar 2015 veröffentlichten Urteil vom 17. Dezember 2014 hervorgeht, ging es konkret um das Bereitstellen des Films »Das erstaunliche Leben des Walter Mitty« zum Download in Tauschbörsen. Das Unternehmen nahm den Freifunker vorprozessual auf Schadensersatz wegen der behaupteten Urheberrechtsverletzung durch die Ermöglichung des Downloads in Anspruch. Hierauf reichte dieser Feststellungsklage bei dem AG Charlottenburg ein, worauf das Unternehmen außergerichtlich erklärte von der Geltendmachung der Ansprüche abzusehen. Streitgegenständlich war demnach nur noch die Tragung der Kosten des Rechtsstreits.
Diese hatte der Freifunker nach Ansicht des Gerichts nicht zu tragen. Weder eine Täter- noch eine Störerhaftung sei zu bejahen. Dass er die Urheberrechtsverletzung selbst begangen hat, konnte nicht nachgewiesen werden. Eine Tatsachenvermutung dahingehend, dass der Betreiber des WLAN-Netzwerks selbst den Download vorgenommen hat, lehnte das Gericht ab. Es zieht hierbei die Grundsätze zur Haftung des Anschlussinhabers in einem Mehrpersonenhaushalt heran. Danach entspreche es der üblichen Lebenserfahrung, dass jeder Mitbewohner das Internet selbständig nutzen dürfe, ohne dass der Anschlussinhaber Art und Umfang der Nutzung bewusst kontrolliere (vgl. AG Düsseldorf vom 19. November 2013, Az.: 57 C 3144/13). Er genüge daher seiner Darlegungslast, wenn er seine Täterschaft bestreite und darlege, dass seine Hausgenossen selbständig auf den Internetanschluss zugreifen können. Diese für einen Mehrpersonenhaushalt entwickelten Grundsätze müssten umso mehr auf die hier vorliegende Fallkonstellation eines Freifunk-Netzwerkes gelten, so das Gericht.
Auch eine Störerhaftung lehnt das Gericht ab, indem es den Betreiber des offenen WLAN-Netzwerkes als Access-Provider einstuft und ihm damit das Providerprivileg zugute kommen lässt. Danach sind Provider für fremde Informationen grundsätzlich nicht verantwortlich und deshalb auch nicht verpflichtet, Nutzer oder Kunden zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Eine ständige Überwachung sei auch nicht zumutbar. Hier zieht das Gericht vergleichend die Rechtsprechung des BGH zu den Kontrollpflichten der Betreiber von Kopierläden heran. Auch diesen werde eine generelle Kontrolle mit Einsicht in ggf. vertrauliche Unterlagen nicht zugemutet. Wie »ZDNet« in einer Meldung vom 19. Januar 2015 hinweist, war das Providerprivileg bisher nur gewerblichen Betreibern zugestanden worden. So hat das AG Hamburg die Störerhaftung des WLAN-Netzwerk-Betreibers im Juni 2014 in zwei Fällen abgelehnt (vgl. Meldung vom 30. Juni 2014). In einem Fall handelte es sich um einen Vermieter von Ferienwohnungen, in dem anderen Fall um einen Hotelbetreiber (Urteil vom 10. Juni 2014, Az.: 25b C 431/13 und Urteil vom 24. Juni 2014, Az.: 25b C 924/13).
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