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15.03.2015; 18:35 Uhr
Hessischer Verwaltungsgerichtshof: Journalist hat keinen Anspruch auf Einsicht in BaFin-Akten zur Hypo Real Estate
EU-Recht sieht Verbot der Offenbarung von Berufsgeheimnissen im Bereich der Finanzdienstleistung- und Bankenaufsicht vor

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) muss einem Journalisten keinen Einblick in die Akten zur Hypo Real Estate Bank AG (Hypo Real Estate) gewähren. Das hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel in dem Verfahren Az. 6 A 1071/13 durch Urteil vom 11. März 2015 entschieden. Die Richter beriefen sich hierbei auf das Phoenix-Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. November 2014 (C 140/13). Danach sei es im Bereich der Finanzdienstleistungs- und Bankenaufsicht nach EU-Recht grundsätzlich verboten, Berufsgeheimnisse zu offenbaren. Einer der engen Ausnahmetatbestände liege hier nicht vor. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Im Fall hatte ein Journalist einer großen Tageszeitung gegen die BaFin geklagt, ihm Einsicht in Unterlagen im Zusammenhang mit Aufsichtsmaßnahmen gegenüber der Hypo Real Estate zu gewähren. Einen entsprechenden Antrag des Klägers hatte die BaFin im Februar 2009 mit der Begründung abgelehnt, das Bekanntwerden der entsprechenden Informationen hätte nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichtstätigkeit der Behörde. Die Unterlagen enthielten außerdem Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Banken. Eine Trennung zwischen geheimhaltungsbedürftigen Geschäftsgeheimnissen und öffentlich zugänglichen Informationen sei faktisch nicht möglich. 

Der Journalist leitete das Rechtsverfahren gegen die BaFin ein. Mit Beweisbeschluss vom Mai 2010 forderte das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main die BaFin auf, die Unterlagen wie vom Kläger beantragt vollständig vorzulegen. Dies erwiderte die Aufsichtsbehörde der BaFin, das Bundesministerium der Finanzen, im Juli 2010 mit einer Sperrerklärung, mit der die Vorlage der angeforderten Unterlagen bis auf einen kleinen Teil verweigert wurde. 

Diese Sperrerklärung wurde auf Antrag des Klägers vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof in einem sog. »in-camera«-Verfahren für rechtswidrig erklärt. Auf Beschwerde der BaFin und der Deutschen Pfandbriefbank AG als Rechtsnachfolgerin der Hypo Real Estate Bank AG änderte das Bundesverwaltungsgericht den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs zu einem kleinen Teil ab, wies die Beschwerde jedoch überwiegend zurück, da die Weigerung, die angeforderten Unterlagen vorzulegen, nicht auf die vom Bundesministerium angegebenen Rechtsgrundlagen gestützt werden könne.

Trotzdem verweigerte die BaFin weiterhin die Vorlage der geforderten Unterlagen. Zur Begründung legte sie nun eine Stellungnahme der Staatsanwaltschaft München I vom Oktober 2012 vor, in der es heißt, ein Bekanntwerden der Unterlagen der BaFin könne sich negativ auf den Erfolg weiterer staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen wegen strafrechtlich relevantem Verhalten im Zusammenhang mit den Verlusten der Hypo Real Estate auswirken. 

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main verurteilte die BaFin durch Urteil vom 11. Dezember 2012, dem Kläger Einsicht in die Unterlagen zu gewähren, da die geltend gemachten Versagungsgründe nicht gegeben seien. In zweiter Instanz hat das Hessische Verwaltungsgericht nun das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Hierbei berufen sich die Kasseler Richter auf die Rechtsprechung des EUGH, nach der eine nationale Aufsichtsbehörde wie die BaFin einem rein durch nationales Recht geregelten Anspruch auf Informationszugang im Regelfall nicht entsprechen müsse. Nach der Richtlinie über die Bankenaufsicht (2004/39/EG) bestehe, bis auf wenige enge Ausnahmeregelungen, im Bereicht der Finanzdienstleistungs- und Bankenaufsicht ein Verbot, Berufsgeheimnisse zu offenbaren, also Informationen zu erteilen oder zugänglich zu machen. Auf eine Ausnahme von diesem Verbot könne sich der Kläger hier nicht mit Erfolg berufen. 

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