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26.02.2002; 16:13 Uhr
Bundeskartellamt untersagt Kabelnetzverkauf an Liberty Media
"Ausbau der marktbeherrschenden Stellung zu befürchten"

Das Bundeskartellamt hat die Übernahme von sechs regionalen Kabelgesellschaften der Deutschen Telekom durch das US-Unternehmen Liberty Media untersagt. Das teilte der Präsident des Bundeskartellamts, Ulf Böge, am 25.02.2002 in Berlin mit. Böge begründete die Entscheidung damit, dass Liberty Media nicht nur die marktbeherrschende Stellung der Deutschen Telekom im Endkunden-, Einspeise- und Signallieferungsgeschäft übernehmen würde. Man müsse vielmehr davon ausgehen, dass das US-Unternehmen seine Marktmacht in diesen Bereichen sogar noch ausbauen und den Wettbewerb dadurch erheblich beeinträchtigen würde. Böge wies darauf hin, dass Liberty Media beim Aufbau neuer digitaler Angebote auf die Verwendung von Decodern setze, die nur Signale des US-Unternehmens entschlüsseln könnten. Das würde die Bindung der Endkunden an den Kabelnetzbetreiber erheblich verstärken. Ein offener Netzzugang für Wettbewerber wäre damit von vornherein verbaut gewesen, warnte Böge. Liberty Media sei es auch nicht gelungen, nachzuweisen, dass die nachteiligen Folgen für den Wettbewerb auf den Kabelmärkten durch eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen in anderen Bereichen aufgewogen würden. Allenfalls auf dem Markt für breitbandige Internetzugänge könne es bei einem Ausbau der Kabelnetze zu mehr Wettbewerb kommen. Das Bundeskartellamt hatte vor allem darauf gehofft, dass der Einstieg von Liberty Media zu mehr Konkurrenz im Telefonortsnetz führen könnte, wo die Deutsche Telekom bisher noch weitgehend Alleinanbieter ist. Um über die Kabelnetze in Zukunft auch Internetzugänge oder Sprachtelefonie anzubieten, wären aber erhebliche Ausgaben erforderlich, die Liberty Media offenbar scheut. Zugeständnisse an die Wettbewerbshüter hatte das US-Unternehmen bis zuletzt abgelehnt.

Liberty Media hatte sich Anfang September 2001 mit der Deutschen Telekom über die Übernahme von sechs regionalen Kabelnetzen geeinigt. Das US-Unternehmen hätte mit dem Kauf Zugriff auf mehr als zehn Millionen angeschlossene Haushalte und damit rund 60 Prozent aller Kabelkunden in Deutschland bekommen. Als Kaufpreis waren rund 5,6 Milliarden Euro vereinbart. Liberty Media wollte nach eigenen Angaben in den nächsten Jahren jährlich bis zu eine Milliarde Euro in den Ausbau der Kabelnetze und in den Aufbau neuer digitaler Angebote stecken. Dabei sollten in Deutschland rund 10.000 neue Stellen geschaffen werden, unter anderem in München, wo die Deutschland-Zentrale des Unternehmens angesiedelt werden sollte. Die Breitbandnetze wollte Liberty Media auf Digitaltechnik umstellen und dort ab Sommer 2002 40 zusätzliche Fernsehprogramme, Internetzugang per Kabel und interaktives Fernsehen anbieten. Die monatliche Gebühr dafür sollte zwischen 20 und 30 Mark liegen, einschließlich der Miete für den zur Nutzung der Angebote erforderlichen Dekoder. Darüber, ob beim Ausbau der Kabelnetze der digitale Fernsehstandard Multimedia Home Platform (MHP) zum Einsatz kommen sollte, hatte es heftigen Streit zwischen Liberty Media und der deutschen Rundfunkwirtschaft gegeben. Die privaten Rundfunksender, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die Landesmedienanstalten hatten das US-Unternehmen zur Verwendung von MHP gedrängt, weil nur so außer den Netzbetreibern auch andere Unternehmen die Kabelnetze für neue digitale Dienste ohne Einschränkungen nutzen könnten. Liberty Media hatte den Einsatz von MHP aus Kostengründen abgelehnt.

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