Kein Recht auf Vergessen: Sedlmayr-Mörder unterliegen vor EGMR
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am 28. Juni 2018 einstimmig entschieden, dass die Mörder des Schauspielers Walter Sedlmayr kein Recht darauf haben, dass ihre Namen aus online-archivierten Artikeln und Beiträgen aus dem Netz gelöscht werden (Az.: 60789/10 und 65599/10 - in französicher Fassung).
Die Beschwerden der 1993 wegen Mordes an Sedlmayr verurteilten und 2007 bzw. 2008 aus der Haft entlassenen Halbbrüder richteten sich konkret gegen die Entscheidung des BGH vom 15. Dezember 2009 (Az.: VI ZR 227/08 und VI ZR 228/08, ZUM 2010, 247). Der BGH hatte die Unterlassungsklagen gegen den »Spiegel«, das »Deutschlandradio« und den »Mannheimer Morgen« abgewiesen, über deren Webseiten archivierte Meldungen, in denen die Mörder namentlich genannt wurden, abrufbar waren. Der BGH kam nach Abwägung zwischen dem Recht auf Schutz der Persönlichkeit und dem Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit zum Vorrang des Rechts der Beklagten auf freie Meinungsäußerung (vgl. zuletzt Meldung vom 8. Mai 2012).
Auch der EGMR folgte der Argumentation der beiden Beschwerdeführer, sie seien in ihrem Recht auf Achtung des Privatlebens verletzt, nicht. Medien hätten die Aufgabe, sich an der Meinungsbildung zu beteiligen, indem sie der Öffentlichkeit die in ihren Archiven verwahrten Informationen zur Verfügung stellen, so das Gericht laut »Tagesschau online«. Dies überwiege das Recht verurteilter Straftäter auf Vergessen im Netz.
Dokumente:
- Meldung bei Tagesschau vom 28. Juni 2018
- EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2011, Az.: C-509/09 u.a., ZUM-RD 2011, 657
- Vorlagebeschluss des BGH vom 10. November 2009, Az. VI ZR 217/08, ZUM-RD 2009, 249
- BGH, Urteil vom 15. Dezember 2009, Az.: VI ZR 227/08 u.a., ZUM 2010, 247
- BGH, Urteil vom 9. Februar 2010, Az.: VI ZR 243/08 u.a., ZUM-RD 2010, 385
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