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10.06.2020; 15:47 Uhr
Vorwurf der "Hetze und Falschbehauptung" gegen Onlinemagazin zulässig
Claudia Roth gewinnt auch vor dem OLG Stuttgart

Die Äußerung der Politikerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen), das Geschäftsmodell von "neurechten Plattformen" beruhe auf "Hetze und Falschbehauptungen", ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das hat das OLG Stuttgart in der Berufungsinstanz entschieden (4 U 86/20), nachdem bereits das LG Stuttgart in der Vorinstanz so entschieden hatte (11 O 538/19).

Die Politikerin hatte in einem Interview mit der Tageszeitung Augsburger Allgemeine im Oktober 2019 folgende Äußerung getätigt: "Auch ich versuche immer wieder, gegen Drohungen und Beleidigungen juristisch vorzugehen[…]. Wir dürfen nicht aufhören, das Thema in die breite Öffentlichkeit zu tragen. Wir müssen die Stichwortgeber benennen, all diese neurechten Plattformen, deren Geschäftsmodell auf Hetze und Falschbehauptungen beruht – von Roland Tichy über Henryk M. Broder bis hin zu eindeutig rechtsradikalen Blogs." Hiergegen klagte das Onlinemagazin Tichys Einblick und begehrte von Claudia Roth Unterlassung der Äußerung.

Das OLG Stuttgart führte hierzu aus, dass die streitbefangene Äußerung unter Beachtung des Kontexts als Meinungsäußerung zu verstehen sei. Es handele sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, da für den durchschnittlichen Leser offensichtlich sei, dass nicht einzelne Aussagen der Plattformbetreiber gemeint seien. Vielmehr sei Kern der Aussage, dass man "Hetze und Falschbehauptungen" nicht unwidersprochen stehen lassen dürfe. Diese Äußerung sei durch Elemente des Dafürhaltens und des Meinens geprägt. Eine Schmähkritik sei darin nicht zu erkennen. Die berufliche Ehre des Klägers als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts müsse im konkreten Fall hinter dem Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung im Rahmen einer Abwägung zurücktreten.

Daraus, dass die Politikerin Vizepräsidentin des Bundestages ist, könne sich laut OLG keine andere Beurteilung ergeben. Schließlich habe die beanstandete Äußerung für den unbefangenen Leser keinen Bezug zu ihrem Amt, sondern beziehe sich allein auf Anfeindungen im Internet gegen Claudia Roth als Privatperson und Parteipolitikerin.

Die Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren ist sofort rechtskräftig.

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