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30.07.2020; 17:22 Uhr
Recht auf Vergessen bei Verdachtsberichterstattung nur in Ausnahmefällen
BVerfG erneut zu Online-Archiven

Im Hinblick auf eine ursprünglich zulässige Verdachtsberichterstattung besteht beim Vorhalten des Berichts in einem Online-Pressearchiv nur in Ausnahmefällen ein Anspruch auf Löschung aus dem Recht auf Vergessen. Das hat das BVerfG entschieden (1 BvR 146/17).

In der Verfassungsbeschwerde, welche das Gericht nicht zur Entscheidung angenommen hat, begehrte der Beschwerdeführer die Löschung eines Artikels aus einem Pressearchiv im Internet. In dem besagten Artikel aus dem Jahr 2007 wurde berichtet, dass der Beschwerdeführer mutmaßlich für Siemens Bestechungsgelder an potentielle Kunden gezahlt haben soll.

Hierzu stellten die Karlsruher Richter fest, dass bei einem nachträglich geltend gemachten Löschungsanspruch eine erneute Abwägung der betroffenen Interessen zu erfolgen hätte. Dabei sei insbesondere die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Berichterstattung von enormer Bedeutung. Im Falle einer Verdachtsberichterstattung, welche in einem Archiv noch auffindbar sei, sei dabei zu prüfen, ob als Mittelweg eventuell eine nachträgliche Kennzeichnung über den späteren Ausgang des Verfahrens erfolgen könne. Nur in Ausnahmefällen könne der Zeitablauf seit der ursprünglichen Berichterstattung eine Löschung des Artikels rechtfertigen. Der konkrete Fall ergebe aber keine Anhaltspunkte für solch eine Ausnahme. Auch ein Nachtragsanspruch zu dem ursprünglichen Artikel über den weiteren Fortgang der Sache sei nicht gegeben, da sich die Sachlage zwischenzeitlich nicht entscheidend verändert habe.

Mit dieser Entscheidung konkretisierte das BVerfG weiter seine Rechtsprechung zum Recht auf Vergessen (vgl. Meldung vom 27. November 2019).

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